Neue Transparenzregeln für multinationale Unternehmen – public CbCR

Reform & Debatte
19. Februar 2024

Die EU will Konzernstrukturen transparenter machen, speziell im Hinblick auf das öffentlich debattierte Thema der Steuerehrlichkeit multinationaler Unternehmen. Ein Instrument hierzu ist das EU public Country-by-Country Reporting (pCbCR oder EU-CbCR), das für 2024 erstmals erstellt werden muss. Für die Wirtschaftsprüfer*innen bedeutet dies, zu prüfen, ob Unternehmen betroffen sind und dieser Verpflichtung nachkommen. Wir zeigen, was steuerfachlich und prozessual auf die Unternehmen zukommt.

Hintergrund

Die Einführung des Country-by-Country Reportings (OECD-CbCR) war Bestandteil einer gemeinsamen Initiative der OECD und der G20 mit dem Ziel, künstliche Gewinnverlagerungen in Niedrigsteuergebiete zu verhindern. Das Reporting war erstmalig für Wirtschaftsjahre zu erstellen, die nach dem 31. Dezember 2015 begonnen haben, und kann damit auf eine achtjährige Geschichte zurückblicken. In seinen Anwendungsbereich fallen multinationale Unternehmen mit mindestens 750 Millionen € konsolidierten Umsatzerlösen. Die Meldung erfolgt im Regelfall durch die inländische Konzernobergesellschaft.

Die Informationen aus dem OECD-CbCR sollten den Finanzbehörden zur Risikoanalyse im Zusammenhang mit der Überprüfung von Verrechnungspreisen dienen, die Betriebsprüfung auf besonders prüfungsrelevante Sachverhalte ausrichten und die Transparenz bei grenzüberschreitenden, steuerlichen Sachverhalten erhöhen.

Als Reaktion hierauf legte die Europäische Kommission erstmals im April 2016 einen Richtlinienentwurf zur öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung vor: die sogenannte pCbCR-Richtlinie. Allerdings fand diese auf die EU beschränkte Richtlinie zum pCbCR damals keine ausreichende politische Unterstützung in den Mitgliedstaaten. Erst fünf Jahre später, im Juni 2021, wurde die pCbCR-Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 21. Dezember 2021 in Kraft. Die Umsetzung in nationales deutsches Recht ist mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 vom 19. Juni 2023 erfolgt. Die Erstellungs- und Offenlegungspflichten, die inhaltlichen und formalen Vorgaben sowie die Sanktionsvorschriften sind in den Paragrafen 342 bis 342o des Handelsgesetzbuches (HGB) geregelt worden.

Wer muss was berichten?

Betroffen sind bestimmte im Inland ansässige Unternehmen und oberste Mutterunternehmen in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften. Das ist dann der Fall, wenn die weltweiten Umsatzerlöse beziehungsweise Konzernumsatzerlöse in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren jeweils 750 Millionen € übersteigen. Die Offenlegung des pCbCR in Deutschland muss im Unternehmensregister in deutscher Sprache erfolgen. Darüber hinaus ist eine Veröffentlichung auf der Internetseite des Unternehmens notwendig, wobei auch ein Verweis auf das Unternehmensregister ausreicht.

Sofern vergleichbar umsatzstarke konzernunverbundene Unternehmen oder oberste Mutterunternehmen außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässig sind und über inländische Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen verfügen, muss das pCbCR von den inländischen Einheiten beschafft und lokal offengelegt werden. Möglich ist auch eine Veröffentlichung des pCbCR auf der Internetseite des Nicht-EWR-Unternehmens bei gleichzeitiger Offenlegung in einem öffentlichen EU-Register durch ein EU-Tochterunternehmen oder eine EU-Zweigniederlassung.

Wann muss erstmals berichtet werden? Nach Maßgabe des Umsetzungsgesetzes gilt die Pflicht zur Berichterstattung in Deutschland für alle nach dem 21. Juni 2024 beginnenden Geschäftsjahre. Bei einem kalenderjahrgleichen Geschäftsjahr müssen Unternehmen damit erstmals für das zum 31. Dezember 2025 endende Geschäftsjahr einen Bericht erstellen und diesen bis Ende 2026 veröffentlichen. Der Bericht muss Daten zur Art der Geschäftstätigkeit, Zahl der Arbeitnehmer, zu Erträgen, dem Ergebnis vor Steuern, für den Berichtszeitraum zu zahlende und gezahlte Ertragsteuern sowie einbehaltene Gewinne enthalten. Die Auskunftspflichten ähneln insoweit den Angabepflichten des OECD-CbCR.

Wichtig für die Praxis ist das Wahlrecht, das EU-pCbCR aus dem OECD-CbCR abzuleiten. Allerdings gehen durch die Inanspruchnahme dieses Wahlrechts bestimmte Vorteile des EU-pCbCRs verloren wie die Möglichkeit, bestimmte Daten von Drittstaaten als eine verdichtete Angabe „Rest of the World“ zusammengefasst darzustellen. Dasselbe gilt für das Weglassen sensibler und nachteiliger Angaben (was allerdings ohnehin auf vier Jahre begrenzt ist).

Zur Durchsetzung der Offenlegungspflichten kann das Bundesamt für Justiz Ordnungsgelder und Bußgelder von bis zu 250.000 € verhängen.

Wie sollten Unternehmen jetzt vorgehen?

Für Unternehmen bedeutet das EU-pCbCR eine weitere Meldeverpflichtung, die aufgrund der signifikanten Bußgelder und der Veröffentlichung von strukturellen Unternehmensdaten im Vergleich zum bisherigen OECD-CbCR einen deutlichen Bedeutungszugewinn erlangt. Aufgrund dessen gilt es nun die Qualität der CbC-Daten und der dazugehörigen Prozesse auf den Prüfstand zu stellen. Sind die Qualität der Daten und die verwendeten Tools/Prozesse resilient genug für die neue Meldeverpflichtung oder sind umfangreichere Anpassungen notwendig? In einem vorgelagerten Projekt wäre zu entscheiden, ob und in welchem Umfang von dem Recht zusätzlicher Kommentierung einzelner Angaben Gebrauch gemacht werden soll. Die Entscheidung sollte nach sorgfältiger Abwägung unternehmerischer Chancen und Risiken und der Analyse potenzieller steuerlicher Auswirkungen getroffen werden. Das Thema Public-CbCR muss in Unternehmen nun initial zu den neuen Offenlegungspflichten umfangreich vorbereitet werden und der fortlaufende Prozess aus Effizienz-, Digital- und Governance-Perspektive grundlegend betrachtet werden. Eine ganzheitliche Betrachtung mit steuerfachlicher, Wirtschaftsprüfungs-, Technologie- und Prozess-Expertise ist für den Erfolg aus unserer Sicht unabdingbar.

Was sind die Konsequenzen für die Wirtschaftsprüfung?

Im Rahmen der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung wird künftig auch die Einhaltung der Berichtspflichten geprüft und über das Prüfungsergebnis in einem gesonderten Abschnitt des Bestätigungsvermerks berichtet. Der*die Abschlussprüfer*in überprüft in einem ersten Schritt, ob die Gesellschaft zur Offenlegung des EU-pCbCR verpflichtet war und in einem zweiten Schritt, ob die Gesellschaft dieser Pflicht nachgekommen ist. Der*die Wirtschaftsprüfer*in ist jedoch nicht verpflichtet, eine Zuverlässigkeitserklärung über den Inhalt des Berichts abzugeben. Änderungen im Aktiengesetz und SE-Ausführungsgesetz verpflichten zudem auch den Aufsichtsrat beziehungsweise die Verwaltungsorgane zur Prüfung des EU-pCbCR.

Multinationale Unternehmen beziehungsweise Konzerne tun vor diesem Hintergrund gut daran, sich zeitnah mit den künftig anwendbaren Normen auseinanderzusetzen. In die Entscheidungsfindung sollten strategische Überlegungen einbezogen werden, etwa inwieweit

  • von den Möglichkeiten zur Nichtangabe bestimmter Daten Gebrauch gemacht werden kann und soll oder
  • bestimmte Daten durch (freiwillige) zusätzliche Angaben ergänzt werden sollen, um öffentliche Fehlinterpretationen zu verhindern.

Schätzungen des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) gehen davon aus, dass zirka 600 Unternehmen mit Sitz in Deutschland künftig einen Ertragsteuerinformationsbericht nach diesem Gesetz erstellen müssen.


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