
5 Tipps für eine ethische Kultur in der Wirtschaftsprüfung
Hohe ethische Standards sollen Wirtschaftsprüfer*innen bei der Arbeit leiten. Doch wie wird daraus mehr als nur ein Lippenbekenntnis? Indem Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihre Werte aktiv fördern und eine ethische Kultur etablieren. Wir geben 5 Tipps, mit denen das gelingen kann.
Wirtschaftsprüfer*innen kommt eine hohe gesellschaftliche Verantwortung zu. Durch ihre Arbeit gewährleisten sie die Ordnungsmäßigkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit der Finanzinformationen. Auch auf der Basis ihres Testats bewerten Kund*innen, Aktionär*innen, Mitarbeiter*innen und Geschäftspartner*innen das jeweilige Unternehmen. Die Prüfer*innen sind daher nicht nur ihren Mandanten verpflichtet, sondern einer breiteren Öffentlichkeit.
Damit Prüfer*innen ihrer Verantwortung gerecht werden, ist ein dichtes Netz aus Compliance-Grundsätzen entstanden. Regelungen dazu finden sich unter anderem in der Wirtschaftsprüferordnung, in der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer, im Handelsgesetzbuch, in den International Standards on Auditing und im „Code of Ethics“ des International Ethics Standards Board for Accountants (IESBA).
Imagegewinn durch ethische Unternehmenskultur
Das IESBA hat zudem im Januar 2025 einen Bericht veröffentlicht, in der es zu dem Schluss kommt, dass es eine ethische Kultur der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPGs) brauche, um ethisches Verhalten zu fördern und unethisches Verhalten zu minimieren. Hat eine WPG ethische Unternehmensgrundsätze in ihrer Kultur verankert, verbessere sich ihr Image und das Bewusstsein, im öffentlichen Interesse zu handeln, werde gestärkt – und damit auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die WPG und den Berufsstand als Ganzes.
Tatsächlich spricht vieles dafür, an einer ethischen Unternehmenskultur zu arbeiten, die diesen Namen verdient. WPGs, die diesen Weg gehen möchten, sollten sich aber auf einen längeren Prozess gefasst machen. In Anlehnung an den „IESBA Firm Culture and Governance Working Group Final Report“ geben wir 5 Tipps, welche die Umsetzung erleichtern:
1. Mit einem „Tone at the Top” zu mehr Akzeptanz
Die Initiative für die Einrichtung bzw. Etablierung einer ethischen Kultur sollte von der Spitze der Organisation eingeleitet werden. Die Unternehmensführung muss sich in klaren Worten zu dem Prozess committen und die strategische Bedeutung des Themas für die WPG herausstellen. Ethische Werte und Qualität sollten dabei eigenständige Ziele des Unternehmens sein. Das IESBA kommt in seinem Report zu dem Ergebnis, dass es diesen „tone at the top“ braucht, um eine breite Akzeptanz für die Etablierung einer ethischen Kultur zu schaffen. Im Übrigen ist der Berufsalltag von Wirtschaftsprüfer*innen gemeinhin nicht durch einen Mangel an Aufgaben geprägt. Wenn sich die Einzelnen neben der Prüfungsarbeit für die Mandanten zusätzliche Zeit für ein Thema jenseits des Tagesgeschäfts nehmen sollen, dann ist es wichtig, wenn der Wunsch dazu von der Führung kommt.
2. Als Führungskraft mit gutem Beispiel vorangehen
Mit der reinen Ankündigung ist es für die Führungskräfte aber nicht getan. Stattdessen gilt es, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ethical Leadership bedeutet konkret: Die Führungskräfte müssen die definierten Werte in der internen und externen Kommunikation, bei Entscheidungen und sonstigen Handlungen vorleben. Das IESBA verdeutlicht: Das ethische Verhalten nehme in einer WPG zu, wenn Führungskräfte die entsprechenden Werte sichtbar zur Grundlage ihrer Strategien und Entscheidungen machten, heißt es im Report. Sinnvoll kann es sein, auch die Überwachung, Bewertung und Optimierung von kulturellen Prozessen bei der Unternehmensführung aufzuhängen. Damit würde die Bedeutung, welche die Entscheider*innen dem Thema zumessen, noch einmal hervorgehoben.
3. Durch ethischen Rahmen Verbindlichkeit für alle schaffen
In einem für alle verpflichtenden „Code of Conduct“ muss festgelegt werden, welche Inhalte die ethische Kultur der WPG bestimmen sollen. Für die Akzeptanz dieses Wertekatalogs kann es hilfreich sein, diesen gemeinsam in der Belegschaft zu erarbeiten. Allerdings sind die wesentlichen Compliance-Richtlinien für Wirtschaftsprüfer*innen bereits gesetzlich definiert – daran müssen sich auch die zu erarbeitenden kulturellen Maximen orientieren. Es kann also nicht das Ziel des Rahmenwerks sein, ganz neue ethische Vorgaben zu entwickeln. Vielmehr dient es Prüfer*innen und Mitarbeiter*innen dazu, die gesetzlichen Vorgaben besser zu verinnerlichen und ergänzend unbestimmte Begriffe zu operationalisieren. Als „Governance Framework“ soll der ethische Rahmen zudem auf allen Ebenen des Unternehmens dafür sorgen, dass die definierten Werte handlungsleitend angewendet werden.
4. Anreize und klare Konsequenzen schaffen
Um die Verbindlichkeit der ethischen Kultur zu stärken, sollte nicht auf Anreize für ihre Befolgung und Konsequenzen bei Verstößen verzichtet werden. Ratsam ist es daher, sich bei der Leistungsbeurteilung auch die Frage zu stellen, ob sich der*die Einzelne ethisch konform verhalten hat. Die Einhaltung von Ethik- und Qualitätsstandards sollte dabei ein Kriterium für Beförderungen und Gehaltsanpassungen sein, umgekehrt könnten diese ausbleiben oder die Tantieme gekürzt werden. Auch das IESBA sieht in einem funktionierenden Sanktionsmechanismus einen wichtigen Punkt: „Wie die Führungsebene darauf reagiert, wenn es einen Bruch der ethischen Standards und unethisches Verhalten entdeckt, demonstriert ihre Verpflichtung zu den ethischen Werten – nicht nur gegenüber externen Stakeholdern, sondern auch mit Blick auf Geschäftspartner*innen und Mitarbeiter*innen.“ Das Problem, das sich hierbei stellt, ist das der Kontrolle. Nicht jedes ethische Verhalten ist messbar. Qualität kann unter anderem anhand von internen Durchsichten und externen Reviews beurteilt werden. Weitere Indizien sind mögliche Beschwerden oder Hinweise von Dritten. Darüber hinaus liegt Messbares meist nur mit Bezug zu eingehaltenen Fristen vor: Wurden die verpflichtenden Fortbildungen bis zum Stichtag erledigt? Wurde die notwendige Unabhängigkeit gegenüber den Mandanten fristgerecht sichergestellt? In anderen Bereichen ist eine Beurteilung oftmals nur schwer möglich.
5. Ethikfragen mit Aus- und Weiterbildung präsent halten
Die Etablierung einer ethischen Kultur ist ein andauernder Prozess. Auch wenn die Prüfer*innen sich schon in der Phase ihrer Ausbildung mit den ethischen Grundsätzen des Berufsstands auseinandergesetzt haben, braucht es doch eine kontinuierliche Weiterbildung und Auffrischung zu diesen Themen. Das IESBA hebt hervor, dass die Prüfer*innen nur andauerndes Training in die Lage versetzen kann, einen Sinn dafür zu entwickeln, wann und in welchen Fällen überhaupt ein ethischer Problemfall vorliegt. Weiterbildung in diesem Bereich stärkt zudem das Bewusstsein für die Bedeutung ethischer Fragen und erneuert die Verpflichtung, sie im Prüfungsalltag weiterhin zu beachten.
Fazit: Mehr Vertrauen möglich, langer Atem nötig
Auch wenn die ethischen Grundsätze für Wirtschaftsprüfer*innen gesetzlich festgelegt sind, ist dem IESBA zuzustimmen: WPGs profitieren, wenn sie eine ethische Kultur etablieren. Durch die Integration der berufsständischen Werte in die Unternehmensziele und die tatsächliche Umsetzung dieser Werte in der Praxis sorgen sie für eine noch konsequentere Beachtung der zentralen Maximen ihres Berufsstands. Auf diese Weise schaffen sie Vertrauen für sich und die Branche als Ganzes. Allerdings erfordert die Einrichtung einer ethischen Kultur ein klares Commitment aus der Unternehmensspitze und einen langen Atem.
Mehr zum Thema: https://www.der-wirtschaftspruefungs-blog.de/wer-kontrolliert-die-kontrolleure-compliance-bei-wirtschaftspruefungsgesellschaften/
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