Audit Quality Indicators – wie misst man Prüfungsqualität?

Werte & Vision
14. März 2023

Durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) gilt seit Juli 2021 ein erweiterter Aufgabenkatalog für den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats: Er muss sich nun auch explizit mit der Qualität der Abschlussprüfung befassen (§ 107 Abs. 3 S. 2 AktG). Doch anhand welcher Kriterien soll der Aufsichtsrat die Qualität bemessen? Eines jedenfalls scheint klar zu sein: Die Höhe des Honorars allein ist kein geeigneter Maßstab für die Auswahl eines/r Abschlussprüfer*in.

Problemstellung: Qualität von Dienstleistungen schwer zu bewerten

Die Beurteilung der Qualität einer Dienstleistung jenseits von Freundlichkeit und Serviceorientierung des Auftragnehmers gestaltet sich nicht nur im Wirtschaftsleben schwierig, sondern auch im Alltag. Beispiel Auto-Inspektion: Das Problem ist nicht nur der Wissensvorsprung des/der Mechaniker*in gegenüber seinem/ihrem Auftraggeber. Der Auftraggeber gewinnt auch keinen Einblick in den Prozess der Dienstleistung; er kann nicht einmal im Nachhinein beurteilen, wie gewissenhaft der/die Mechaniker*in bei der Inspektion vorgegangen ist. Diese Probleme sind auch auf die Wirtschaftsprüfung als Dienstleistung übertragbar. Und sie gelten umso mehr, weil es sich bei der Wirtschaftsprüfung um eine Dienstleistung handelt, die im Laufe der Zeit immer komplexer geworden ist. Datenanalysen, Prozessaufnahmen, IT-Prüfung und vieles mehr – kaum ein Auftraggeber dürfte alle Aspekte der Prüfung überblicken. Damit kann er auch die Qualität der Prüfung in all diesen Bereichen kaum beurteilen. Doch was ist überhaupt „die Prüfungsqualität“?

Begriffsbestimmung: Was ist Prüfungsqualität?

Ein Abschluss ohne wesentliche falsche Darstellungen – das ist in aller Kürze das Ziel einer Abschlussprüfung. Eine hohe Prüfungsqualität liegt daher vor, wenn der/die Prüfer*in in der Lage ist, wesentliche falsche Darstellungen im Abschluss mit hinreichender Sicherheit zu erkennen. Dazu benötigt der/die Abschlussprüfer*in nicht nur Kompetenz und Erfahrung. Auch organisatorische Vorkehrungen helfen ihm/ihr dabei, alle berufsständischen Normen und Standards einzuhalten und zu einer Urteilsbildung zu kommen, die frei von unsachgemäßen Erwägungen ist.

Einflussfaktoren: Welche Kriterien bestimmen die Prüfungsqualität?

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat ein Positionspapier zur „Kommunikation von Prüfungsqualität“ veröffentlicht. Darin hat das IDW die nachstehenden vier Faktoren identifiziert, die einen wesentlichen Einfluss auf die Prüfungsqualität haben.

Quelle: IDW Positionspapier zur Kommunikation von Prüfungsqualität, Stand: 28.10.2021

Der erste Einflussbereich betrifft die Qualitätskultur, in der sich der/die Abschlussprüfer*in bewegt. Ein „Tone at the top“, der besonderen Wert auf Unabhängigkeit und eine kritische Grundhaltung legt, ist unerlässlich. Den zweiten Bereich bildet die Mitarbeiterqualität: Die involvierten Prüfer*innen benötigen ausreichend fachliche Kenntnisse und ein solides Geschäftsverständnis vom zu prüfenden Unternehmen. Die Prüfer*innen sollten daher beispielsweise fortlaufend geschult werden. Den dritten Einflussbereich stellt die Prozessqualität dar: Einer Prüfung müssen genügend Ressourcen zur Verfügung stehen – das beinhaltet auch ein ausreichendes Zeitbudget für die unterzeichnenden Wirtschaftsprüfer*innen. Es sollte zudem einen Qualitätsmanagementprozess geben, in welchem beispielsweise Maßnahmen wie eine auftragsbegleitende Qualitätssicherung oder interne Nachschauprozesse integriert sind. Die letzte wichtige Säule der Prüfungsqualitätsfaktoren ist die Kommunikation des/der Abschlussprüfer*in mit den Gremien des geprüften Unternehmens, damit der/die Abschlussprüfer*in nicht nur als Black Box agiert, sondern seine/ihre Kenntnisse weitergibt.

Audit Quality Indicators: Wie man Qualität messbar macht

Aus den Einflussfaktoren der Prüfungsqualität lassen sich Parameter (Audit Quality Indicators) ableiten, die die Qualität der Abschlussprüfung messbar machen. Dabei ist zwischen praxisbezogenen und auftragsbezogenen Parametern zu unterscheiden. Die Mitarbeiterqualität einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (praxisbezogen) könnte zum Beispiel an der Anzahl der Schulungsstunden gemessen werden, die das Fachpersonal innerhalb eines Geschäftsjahres absolviert. Der Einbezug der unterzeichnenden Wirtschaftsprüfer*innen auf einem bestimmten Auftrag (auftragsbezogen) könnte sich beispielsweise am Verhältnis ihres Zeitaufwands zum Zeitaufwand der sonstigen Teammitglieder zeigen. Das sind nur zwei Beispiele für Audit Quality Indicators – in seinem Positionspapier zeigt das IDW insgesamt 33 Parameter zur Bestimmung der Prüfungsqualität auf.

Audit Quality Indicators können dabei helfen, die kaum greifbare Qualität der Abschlussprüfung messbar zu machen. Es gibt jedoch kein fixes Set an Parametern, das gleichermaßen zu jeder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und zu jeder Prüfung passt. Hinzu kommt, dass Sondersachverhalte einzelne Indikatoren verzerren können. Auch die Vergleichbarkeit der Messergebnisse ist nicht ohne Weiteres möglich, da die Wirtschaftsprüfungspraxen unterschiedlich organisiert sind. Und selbst die Interpretation einzelner Parameter ist keinesfalls immer eindeutig. Ein Beispiel: Wirtschaftsprüfungspraxen haben ein Hinweisgebersystem einzurichten, um es ihren Mitarbeiter*innen zu ermöglichen, anonymisiert Hinweise auf Verstöße gegen die Berufsnormen zu geben. Wie ist es zu werten, wenn dort keine Hinweise eingehen? Vielleicht haben keine Verstöße gegen Berufsnormen stattgefunden. Vielleicht kennen die Mitarbeiter*innen das Hinweisgebersystem aber auch nicht oder trauen sich nicht, Meldungen vorzunehmen.

Fazit: Direkter Austausch mit Prüfer*innen weiter unerlässlich

Eine einfache und unter verschiedenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vergleichbare Messung der Prüfungsqualität ist nur sehr eingeschränkt möglich. Selbst wenn Audit Quality Indicators zur Bestimmung der Prüfungsqualität herangezogen werden, bedürfen die Messergebnisse einer intensiven Interpretation. Deshalb hat der vom IDW entwickelte Parameter-Katalog auch eher Vorschlagscharakter: Er soll einen strukturierten Dialog zwischen Prüfer*innen und geprüften Unternehmen anregen. Somit können Audit Quality Indicators zwar hilfreich sein – das beste Gespür für die Arbeitsqualität ihrer Prüfer*innen bekommen Unternehmen aber weiterhin auf die traditionelle Weise: Über den direkten Austausch mit ihren Abschlussprüfer*innen.


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