ESG-Konformität: doing the right things first

Werte & Vision
3. Januar 2023

Die Anforderungen an eine zeitgemäße Unternehmensführung werden immer herausfordernder. Sustainability Compliance – die Einhaltung von Nachhaltigkeitsrichtlinien im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – steht im Fokus von Unternehmen, Mitarbeiter*innen, Investor*innen, Gesellschaft und Politik. Diese Entwicklung ist sowohl marktgetrieben als auch auf regulatorische Vorgaben zurückzuführen. Wer heute nicht handelt, riskiert die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens.

Kopfzerbrechen bereiten vor allem dem Mittelstand nicht nur die vielen verschiedenen Regularien, sondern auch die für die Umsetzung erforderlichen Ressourcen. Damit Unternehmen ihre Compliance-Pflichten erfüllen, dem Wettbewerb standhalten oder gar einen strategischen Vorteil erzielen können, müssen sie die neuen Nachhaltigkeitsanforderungen fortlaufend analysieren und notwendige Umsetzungspläne in die bestehende Projektlandschaft integrieren. Gleichzeitig geht es darum, die immer knapper werdenden Ressourcen – vor allem fachlich ausgebildete Mitarbeiter*innen – richtig zu allokieren.

Welche Regularien sind zu beachten?

Die EU-Taxonomie fordert Unternehmen zur Berichterstattung darüber auf, welche ihrer unternehmerischen Tätigkeiten nachhaltig sind und somit einen Beitrag zu den EU-Taxonomie-Umweltzielen leisten. Derzeit gilt das für die ersten beiden der insgesamt sechs Ziele, nämlich „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“. Die bereits seit Januar 2022 geltende Taxonomie-Verordnung betrifft alle Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit einer Bilanzsumme über 20 Mio. € oder 40 Mio. € Umsatz. Besonders schwierig ist hierbei die strukturierte Datengenerierung und -aufbereitung, durch die sowohl die Taxonomiefähigkeit als auch die Taxonomiekonformität hinsichtlich des Gesamtbeitrags der Unternehmenstätigkeit zu den Nachhaltigkeitszielen dargestellt werden müssen.

Die derzeitige Gesetzeslage zur nicht finanziellen Erklärung im Lagebericht basiert auf dem CSR-Richtlinienumsetzungsgesetz. Betroffen sind kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen. Diese geltenden Vorgaben werden gegenwärtig mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) überarbeitet und voraussichtlich ab 2024 abgelöst. Dabei erweitert die CSRD den primär betroffenen Kreis von Unternehmen erheblich: Müssen in Deutschland derzeit nur rund 550 Unternehmen nicht finanzielle Informationen offenlegen, werden es zukünftig rund 15.000 Unternehmen sein. Auf Sicht wird also auch der Mittelstand zu umfangreichen ESG-Reportings verpflichtet.

Das bereits 2021 verabschiedete deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen im Kampf gegen weltweite Missstände zur Rechenschaft hinsichtlich menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten. Dies betrifft die gesamte Lieferkette vom Rohstoff über das Endprodukt bis zum Vertrieb. Bis 2024 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bereits für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen. In Zukunft werden viele Unternehmen ihr Risikomanagementsystem um Nachhaltigkeitsrisiken erweitern müssen, damit die Unternehmensleitung eine diesbezügliche Grundsatzerklärung abgeben kann.

Wie lassen sich die Vorgaben im Reporting umsetzen?

Es gilt viele Aspekte zu bedenken – sei es das Stakeholdermanagement oder die Erfüllung der Kriterien gemäß unterschiedlicher Zeitvorgaben. Elementar sind auch die allgemeine Aufstellung und die Einbindung der Nachhaltigkeitsthemen in die bestehende Organisationsstruktur. Teilweise stellen Unternehmen in diesem Kontext gleich ihr gesamtes Organisationsdesign infrage, um sich künftig agiler zu positionieren. Ganz neue Rollen werden geschaffen, neue Mitarbeiter*innen rekrutiert oder Weiterbildungskonzepte initiiert.

Die genannten Regularien und Vorgaben zeigen: Immer mehr Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette müssen exakte Nachhaltigkeitsinformationen (auf Dauer möglichst automatisiert) erfassen und auswerten können, um sie transparent und im Einklang mit der finanziellen Berichterstattung zeitlich adäquat zur Verfügung zu stellen.

Ein wesentlicher Meilenstein ist daher die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts. Viele dieser Berichte basieren gegenwärtig auf den Standards der Global Reporting Initiative. Es gibt jedoch auch weitere nationale und internationale Rahmenwerke wie das Sustainable Finance Standards Board, den Deutschen Nachhaltigkeitskodex und die Task Force on Climate-Related Financial Disclosures.

Um eine Harmonisierung der Rahmenwerke zu gewährleisten, soll das International Sustainability Standards Board umfassende globale Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ausarbeiten. Zusätzlich arbeitet die European Financial Reporting Advisory Group an EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und veröffentlicht regelmäßig entsprechende Entwürfe.

Wie wird das Reporting effizient?

Anhand verschiedener Kategorien ist zuallererst zu definieren, welche Verpflichtungen für das Unternehmen gelten. Ist es Unterzeichner der UN Principles for Responsible Investment oder der Principles for Responsible Banking? Ist es an einer EU-Börse gelistet oder hat es den Unternehmenssitz innerhalb der EU? Sitzt die Haupt- oder eine Zweigniederlassung in Deutschland? Welche Größenklasse gilt nach § 267 HGB? Unterschiedliche Anforderungen erfordern eine spezifische Umsetzung.

Auf dieser Basis entscheidet sich, welche Anforderungen bis wann zu berücksichtigen, welche Arbeitspakete nötig und welche Schwerpunkte zu setzen sind. Von der Strategieentwicklung bis hin zur Umsetzung von Maßnahmen ist ein sinnvolles Ineinandergreifen dieser Aspekte elementar für den Projekterfolg.

Wichtig ist zu analysieren, wie externe und interne ESG-Faktoren auf das Unternehmen wirken und wo Handlungsbedarf besteht. Wo liegen die jeweiligen Stärken und Schwächen in der Unternehmenskultur, der Ausrichtung in Sachen Dienstleistungen und Produkte sowie der Steuerungs- und Regelungssysteme innerhalb des Unternehmens? Sobald der Status quo erkannt ist, geht es darum zu ermitteln, wer die jeweiligen Stakeholder im Bereich ESG sind – sowohl intern (z. B. Mitarbeiter*innen oder Shareholder) als auch extern (z. B. Banken, Regulatoren oder Geschäftspartner). Was sind deren Interessen und Anforderungen, wo bestehen potenzielle Konflikte?

Als weiteres Kernelement muss der Weg zur Umsetzung entwickelt werden. Um die Handlungsfelder zu priorisieren und die Inhalte festzulegen, wird eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt, die für große Unternehmen verpflichtend ist. Aus den identifizierten und priorisierten Handlungsfeldern müssen anschließend die konkreten und messbaren Ziele anhand der jeweils geltenden Regularien abgeleitet und formuliert werden. Darauf basierend kann entschieden werden, welche Struktur das Reporting haben soll. Die Handlungsfelder dienen als Grundlage, um wichtige Kennzahlen zu bestimmen und strategische Ziele, aber auch die nötigen Maßnahmen zu entwickeln. Dabei müssen Chancen und Risiken priorisiert werden, um darauf basierend eine ESG-Vision und entsprechende KPIs festzulegen.

Schließlich müssen Unternehmen definieren, wie sie ihre Initiativen organisieren und welche Prozesse und Strukturen dafür nötig sind. Welche Kennzahlen verlangt das Reporting und durch welche IT-Tools lassen sich diese ermitteln? Welche personellen Ressourcen werden dafür gebraucht? Danach gilt es, die Planung und Umsetzung zu konkretisieren, ESG Policies und die dazu nötigen KPIs zu entwickeln und zu klären, wie die Abläufe und Ergebnisse kontrolliert werden.

Wer kann unterstützen?

Viele Unternehmen sind noch nicht hinreichend auf die ausgeweitete Berichterstattung vorbereitet und haben die erforderliche Governance noch nicht implementiert. Oft fehlt es an den erforderlichen internen Strukturen, Prozessen und Strategien sowie an personellen Ressourcen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen tun sich mit dieser Komplexität häufig schwer. Unterstützung bieten externe ESG-Spezialist*innen. Sie können alle Phasen der Umsetzung von ESG-Initiativen begleiten: vom ersten Verständnis der Anforderungen über die Wahl der nötigen Reporting-Form, die Projektplanung, die Analyse der relevanten Kriterien und des Anpassungsbedarfs für Daten, Systeme und Prozesse bis hin zur Implementierung und anschließenden umfassenden Berichterstattung. Sustainability Compliance bedeutet: doing the right things first.


Für weitere Themen rund um die Wirtschaftsprüfung und Mazars folgen Sie uns auch auf LinkedIn, X und XING.

Kommentare

Antwort

Ihre E-Mail Adresse wid nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind markiert*.