Impairment-Tests: Böse Überraschung nach der Firmenübernahme?

Werte & Vision
5. August 2025

Firmenübernahmen gehören zum Spektakulärsten, was die Wirtschaft zu bieten hat. Für welche Summe wird das Unternehmen den Besitzer wechseln? In der Regel liegt der Kaufpreis über dem beizulegenden Zeitwert sämtlicher Vermögensgegenstände und Schulden – das hat Folgen für die Bilanzierung und die Abschlussprüfung.

Der Sinn und Zweck einer Bilanz ist es bekanntlich, die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt transparent darzustellen. Jahresabschlussprüfer*innen kontrollieren später, ob die Rechnungslegung gesetzeskonform erfolgt ist. Hat der Mandant im zugrundeliegenden Geschäftsjahr oder auch in einem Zeitraum davor ein anderes Unternehmen oder den Geschäftsbereich eines Wettbewerbers übernommen, müssen die Prüfer*innen ein besonderes Augenmerk auf die entsprechende Bilanzierung legen.

Die grundlegende Frage lautet hierbei: Hat der Mandant nicht nur die erstmalige Bewertung der übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden im Rahmen der Kaufpreisallokation sachgerecht durchgeführt, sondern auch die Folgebewertungen im Rahmen der Jahresabschlusserstellung? Um diese Frage zu beantworten, sehen sich die Prüfer*innen insbesondere die Berechnung und Abbildung des „Goodwills“ an. Bei Übernahmen ist der Goodwill der verbleibende Restwert, der sich ergibt, wenn man vom Kaufpreis neben den Schulden die beizulegenden Zeitwerte aller Vermögensgegenstände abzieht. Hierzu zählen auch immaterielle Wirtschaftsgüter wie beispielsweise Markenwerte, Kundenbeziehungen, Patente, vorteilhafte Verträge und technologisches Know-how. Der Goodwill wird ebenfalls als immaterieller Vermögensgegenstand in der Bilanz ausgewiesen. Er ist der Preisaufschlag, der jenseits der identifizierbaren Vermögenswerte für den Unternehmenserwerb fällig wird.

Finanzexpert*innen unterstützen bei Bewertungsverfahren

Die International Financial Reporting Standards (IFRS) verlangen, dass die Unternehmen mindestens einmal im Jahr prüfen, ob ihre Vermögenswerte – und hierzu zählt der Goodwill – einen Wertverlust erlitten haben. Kommt es dazu, muss dieses „Impairment“ dann natürlich auch in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung abgebildet werden. Anders als etwa bei Maschinen, deren Wertverlust linear und planmäßig über eine festgelegte Zeitspanne abgeschrieben wird, ist die Bestimmung des Wertverlusts beim Goodwill schwieriger. Für den hierzu notwendigen Impairment-Test ziehen die Unternehmen daher oftmals externe Finanzexpert*innen hinzu. Auch die Abschlussprüfer*innen, die das Verfahren später kritisch würdigen, vertrauen hierbei in der Regel auf die Expertise entsprechender Spezialist*innen.

Wann also besteht ein Wertminderungsbedarf? Technisch ausgedrückt: Wenn der Buchwert einer Goodwill-tragenden Einheit inklusive Goodwill („carrying amount“) den erzielbaren Betrag („recoverable amount“) übersteigt. Der erzielbare Betrag entspricht dem höheren Wert aus dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten („fair value less costs of disposal“) und dem Nutzungswert („value in use“). Vereinfacht gesagt muss das Unternehmen dann eine Wertminderung des Goodwills vornehmen, wenn der Buchwert der Goodwill-tragenden Einheit höher ist als der wirtschaftliche Wert derselben.

In der Praxis wird der erzielbare Betrag grundsätzlich auf Basis diskontierter künftiger Cashflows ermittelt. Hierbei handelt es sich um eine Methode zur Bestimmung von Vermögenswerten, bei der die erwarteten zukünftigen Geldzuflüsse auf den zugrunde zu legenden Stichtag abgezinst werden. Die Unternehmen prognostizieren hierbei in einem ersten Schritt die zukünftigen Geldzuflüsse, die ein Vermögenswert generieren wird. Um den Zeitwert zu bestimmen, zinsen sie diese Geldzuflüsse anschließend mit einem sogenannten Kapitalisierungszinssatz ab. Hintergrund ist der Zeitwert des Geldes: Ein Euro, den man heute besitzt, ist mehr wert als ein Euro in zehn Jahren. Der Grund: Man könnte den Euro heute anlegen, so dass man in zehn Jahren eine Rendite erwirtschaftet hätte. Je höher die Renditeerwartung an den Vermögensgegenstand, desto höher ist auch der Kapitalisierungszinssatz.

Was Abschlussprüfer*innen bewerten – und was nicht

Wie sich gezeigt haben sollte, sind die Berechnungen des Impairment-Tests von zahlreichen Prognosen und Annahmen abhängig. Aus diesem Grund beschränkt sich die Prüfung des Jahresabschlusses auch nicht auf die rechnerische Richtigkeit oder die formale Anwendung der Vorgaben innerhalb der genutzten Bewertungsmodelle. Stattdessen hinterfragen die Prüfer*innen gezielt die Plausibilität der zugrunde gelegten Annahmen, etwa zu Planungsrechnungen, Marktdaten und Parametern des Kapitalisierungszinssatzes. Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass es im Rahmen des Impairment-Tests nicht die Aufgabe der Prüfer*innen ist, den „korrekten“ Wert des Goodwills zu ermitteln, sondern sicherzustellen, dass kein Wertminderungsbedarf besteht. Dazu beurteilen sie die Vertretbarkeit und Nachvollziehbarkeit der zugrunde gelegten Annahmen und der daraus abgeleiteten Bewertung.

Aufgrund der vielen Annahmen im Rahmen der Herleitung zentraler Bewertungsparameter wie Kapitalkosten, zukünftige Cashflows und Wachstumsraten sorgen Impairment-Tests regelmäßig für intensive Diskussionen zwischen der Unternehmensleitung und den Prüfer*innen. Wegen des relativ großen Ermessens- und Interpretationsspielraums sind Konsequenzen für den Bestätigungsvermerk eher selten. Wenn die Prüfer*innen aber letztendlich zu dem Schluss kommen, dass der in der Bilanz ausgewiesene Goodwill tatsächlich nicht vollständig werthaltig ist, muss das als Bilanzierungsfehler gewertet werden. Die Folge kann ein Hinweis oder eine Einschränkung im Testat oder sogar die Versagung des Bestätigungsvermerks sein.

Besondere Herausforderungen bei Impairments unmittelbar nach Übernahme

Ein Wertberichtigungsbedarf kurz nach einer Übernahme schwebt oft wie ein Damoklesschwert über der Unternehmensleitung. Kritisch kann die Situation insbesondere dann werden, wenn die Verantwortlichen beim Erwerb einen substanziellen Goodwill angesetzt haben. Bleiben die erwarteten Erträge hinter den Prognosen zurück, verläuft die Integration schleppend, oder verändern sich Marktbedingungen negativ, hat dies signifikante Auswirkungen auf die Bewertung und kann schnell den erzielbaren Betrag schmälern. Der sich hieraus ergebende frühzeitige Impairment-Bedarf kann so die Angemessenheit des gezahlten Kaufpreises infrage stellen und das Vertrauen der Share- und Stakeholder in das Management belasten.

Für weitere Themen rund um die Wirtschaftsprüfung und Forvis Mazars folgen Sie uns auch auf LinkedIn.

Kommentare

Antwort

Ihre E-Mail Adresse wid nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind markiert*.