Wirtschaftsprüfer*in und Familie – geht das?

Werte & Vision
25. September 2023

Der Beruf des*der Wirtschaftsprüfer*in gehört zu den forderndsten überhaupt. Kann man ihn dennoch mit einer aktiven Elternrolle verbinden? Kim-Cassandra Mömken, Senior Managerin Audit bei Mazars in Deutschland, zeigt in ihrem persönlichen Bericht, dass das möglich ist – auch wenn die Doppelbelastung Eltern einiges abverlangt.

Wie kann man eigentlich den Job als Wirtschaftsprüferin mit der Rolle als Mutter vereinbaren? Offen gestanden: Es gibt Tage, an denen ich mich das auch immer wieder frage, obwohl ich diesen Balanceakt seit einigen Jahren aufs Parkett lege. So gibt es Tage, an denen ich fast zu spät zum ersten Arbeitstermin komme, weil meine Tochter erst nicht aus den Federn kommt, danach lieber die Vögel draußen beobachtet, statt ihr Frühstück zu essen und sich am Ende nur von mir (!) die Zähne putzen lassen will. Dann sitze ich 7,5 Stunden lang vorm Rechner, führe Gespräche, bearbeite Dokumente und bastle Powerpoint-Präsentationen – wohlgemerkt nahezu ausschließlich im Homeoffice, weil ich sonst meine Tochter nicht rechtzeitig bis 16 Uhr aus dem Kindergarten abholen könnte, wo sie ohnehin immer eines der letzten Kinder ist, das abgeholt wird.

Nach dem Kindergarten machen wir gemeinsam die Wocheneinkäufe, holen Gemüse vom Bauernhof ab oder gehen zum Eltern-Kind-Turnen. Im Anschluss wartet schon die Küche auf mich, um meiner Familie ein frisches und gesundes Abendessen zu servieren. Nach dem Essen, Spülen und Ins-Bett-Bringen lande ich, wenn alles gut läuft, erschöpft gegen 20 Uhr auf der Couch. Und in dem 14-Stunden-Tag war noch kein bisschen Haushalt drin, was dann am Wochenende auf dem Plan steht. An den Wochenenden ist es unsicher, wie lange meine Tochter morgens schläft (und damit auch, wie lange ich morgens schlafen kann). Dafür steht aber fest, dass sie den ganzen Tag über beschäftigt werden möchte. Meine Urlaubstage richte ich nach den 28 Schließungstagen des Kindergartens aus. Aber so richtig anstrengend wird es erst, wenn meine Tochter krank wird und dadurch der normale Alltag ganz aus dem Tritt gerät …

Überstunden sind keine Seltenheit

Neben diesem „ganz normalen Wahnsinn“, der fast alle Familien mit kleinen Kindern betrifft, habe ich einen Job, der in einigen Belangen einem ruhigen Familienleben nicht gerade zuträglich ist: Wirtschaftsprüfung ist Saisonarbeit. Von Januar bis April sind lange Arbeitstage vorprogrammiert, um den strengen Zeitplan des Abschlusserstellungsprozesses beim Mandanten einzuhalten. Wirtschaftsprüfer*innen sind Dienstleister. Braucht der Mandant eine schnelle Antwort, wird daran gearbeitet, ihm diesen Wunsch zu erfüllen – auch durch Überstunden oder Ansprechbarkeit außerhalb der eigenen Bürozeiten. Und selbstverständlich reisen Wirtschaftsprüfer*innen auch zu Meetings an. Bei längeren Strecken sind Hotelübernachtungen nichts Außergewöhnliches.

Trotz dieser erschwerten Bedingungen – auch als Mutter kam es für mich nie in Frage, meinen Beruf zu wechseln. Ich mache diese spannende und anspruchsvolle Tätigkeit gerne, und tatsächlich gibt es viele Stellschrauben, um die Vereinbarkeit von Familie und dem Beruf des*der Wirtschaftsprüfer*in zu fördern. Für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Mandanten ist es heute selbstverständlich, ein Arbeiten überwiegend remote zu ermöglichen. Das spart mir die Fahrtzeiten, die ich sonst durch Stundenreduktion in meinem Arbeitsvertrag ausgleichen müsste. Auch sonst bietet mein Job viel Flexibilität. So kann ich meinen Arbeitstag eigenständig strukturieren und damit auch mal unvorhersehbare Ereignisse wie die Krankheit des Kindes oder einen dringenden Besuch von Handwerkern ausgleichen, indem ich Arbeitsstunden auf den Abend oder das Wochenende verlege.

Alternative Aufgaben für Wirtschaftsprüfer*innen

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bieten zudem zahlreiche Arbeitszeitmodelle an, durch die die Arbeitsstunden täglich deutlich reduziert werden können oder ganze Wochentage frei sind. Auch mit den übernommenen Aufgaben lässt sich die Arbeitsbelastung steuern: In Wirtschaftsprüfungsgesellschaften fallen auch viele interne Aufgaben an und werden Projekte, die die Zukunft der Prüfung mitgestalten, vorangetrieben. Eine Mitarbeit an dieser Art von Projekten statt einer Vollzeit-Mandatstätigkeit ist gegebenenfalls dazu geeignet, den Zeitdruck und externe Erwartungshaltungen zu senken. Immer mehr Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kooperieren auch mit externen Partnern, die Kinderbetreuung oder sonstige Alltagshilfen anbieten.

Ich schätze sehr, dass die Arbeitgeber in unserer Branche mittlerweile erkannt haben, wie wichtig jede qualifizierte Arbeitskraft ist. Entsprechend flexibel zeigen sich viele Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, wenn es darum geht, ihren Mitarbeiter*innen die Rahmenbedingungen zu schaffen, die für ihre Lebenssituation am besten geeignet sind. Gleichwohl würde ich mir von unserem Berufsstand noch mehr Anerkennung für die Verantwortung wünschen, die Mütter und Väter tragen. So werden bis heute im Versorgungswerk der Wirtschaftsprüfer Elternzeiten für die spätere Rentenleistung (im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung) nicht berücksichtigt. In meinem persönlichen Umfeld erlebe ich jedoch bereits individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, viel Verständnis und Offenheit. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg – ein Weg, von dem alle Seiten profitieren.


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