5 Herausforderungen für die Wirtschaftsprüfung 2024

Werte & Vision
18. Dezember 2023

Der Jahreswechsel steht an und damit die Frage, welche Entwicklungen 2024 prägen werden. Welche Trends werden wichtig? Welche Herausforderungen kommen auf uns zu und wie wappnen wir uns dagegen? Wir haben den Blick in die Zukunft gewagt und stellen 5 Themen vor, die uns durch das Wirtschaftsprüfungsjahr 2024 begleiten werden.

1. Fachkräftemangel wird sich 2024 nochmals verschärfen

Auch wenn sich die Konjunkturaussichten zum Jahreswechsel eintrüben – das Thema Fachkräftemangel wird die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG) auch 2024 und darüber hinaus weiterhin beschäftigen. Wie die Konjunkturumfrage des Münchner Ifo-Instituts im August 2023 ergeben hat, leidet die Wirtschaftsprüfungsbranche schon jetzt besonders stark unter fehlenden Expert*innen. Demnach finden 75 Prozent der WPG nicht die Bewerber*innen, die sie eigentlich benötigen. Der Personalengpass wird auch 2024 nicht ohne Folgen bleiben. So lehnen WPG Aufträge bereits heute teilweise ab, weil ihnen die personellen Ressourcen fehlen. Die Lage dürfte sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, da zahlreiche Wirtschaftsprüfer*innen aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand wechseln.

Berufseinsteiger können die entstehenden Lücken nicht füllen – es kommen schlicht zu wenig nach. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Abschreckend dürfte zuallererst die lange und komplizierte Ausbildung sein, die der verantwortungsvolle Job erfordert. So benötigen angehende Wirtschaftsprüfer*innen nicht nur einen Hochschulabschluss, sie müssen auch das Wirtschaftsprüferexamen bestehen. Das ist leichter gesagt als getan – die Durchfallraten liegen durchschnittlich bei 50 Prozent. Auch das Image der Branche ist seit dem Wirecard-Skandal nicht mehr das beste. Die in der Folge verschärften Haftungsregelungen für Wirtschaftsprüfer*innen tun ihr Übriges, um Talente skeptisch auf die Branche blicken zu lassen. WPG müssen deshalb auch 2024 weiter daran arbeiten, die Job-Attraktivität vor allem mit Blick auf die jungen Akademiker*innen zu erhöhen.

2. Bedeutung von Digitalisierung und KI wird weiter zunehmen

Der digitale Wandel hat auch bei den WPG längst begonnen und wird sich aller Voraussicht nach 2024 und in den Folgejahren weiter beschleunigen. WPG agieren hierbei in zwei Bereichen: Erstens digitalisieren sie ihre Arbeitsabläufe selbst, um auf diese Weise die eigene Effizienz zu steigern und ihre Qualität zu verbessern. Zweitens müssen sie die zunehmende Digitalisierung bei ihren Mandanten berücksichtigen – und die damit verbundenen Erwartungen. So stellen mehr und mehr Mandanten ihre Unterlagen in digitaler Form zur Verfügung – und erwarten, dass die Prozesse von Seiten der WPG darauf ausgerichtet sind. Wie wichtig das Thema schon heute ist, zeigen die Ausschreibungen der Unternehmen: Ein hoher Digitalisierungsgrad des Prüfungsprozesses wird hier immer häufiger eingefordert.

Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wird 2024 eines der beherrschenden Themen bleiben. Je mehr Aufgaben die WPG dabei nach und nach in digitale Hände legen, umso lauter und dringlicher wird sich auch die Frage nach der Rolle der Wirtschaftsprüfer*innen selbst im Prüfungsprozess stellen. Doch das muss nichts Schlechtes sein, nehmen die KI-Helfer den Prüfer*innen zunächst doch vor allem Routinearbeiten ab. Den Expert*innen bleibt so mehr Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben. Gleichwohl wird es zunehmend notwendig werden, dass Prüfer*innen ihr IT-Know-how ausbauen und ein besseres Verständnis von der Arbeitsweise der eingesetzten Systeme und der Plausibilität der von der KI zutage geförderten Ergebnisse entwickeln. Denn als verantwortliche Wirtschaftsprüfer*innen sind sie es, die weiterhin die Verantwortung tragen werden.

3. ESG-Reportings halten neue Aufgaben für Prüfer*innen bereit

Über kaum ein Thema hat die Branche im zu Ende gehenden Jahr so viel diskutiert wie über das Reporting von ESG-Standards (ESG: Environmental, Social, Governance). Da viele Regularien hierzu 2024 erstmals verbindlich wirksam werden, spricht vieles dafür, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung im kommenden Jahr noch weiter an Relevanz gewinnen wird. So muss die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bis spätestens Juli 2024 in nationales Recht der Länder überführt werden. Die von ihr adressierten Unternehmen sind somit verpflichtet, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung erstmals an diesen Vorgaben auszurichten. Auch die die CSRD konkretisierenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind dann – wenn auch mit Übergangsfristen – beim Reporting zu beachten.

Während klar ist, dass die Nachhaltigkeits-Reportings der Unternehmen extern geprüft werden müssen, sind bei der Umsetzung der Prüfung noch viele Fragen offen. So ist beispielsweise weiterhin unklar, wie die Prüfungsmethodik konkret aussehen wird. Unbeantwortet ist vor allem die zentrale Frage, wer denn eigentlich die Prüfung der Reportings übernehmen darf? Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) vertritt diesbezüglich die Ansicht, dass Wirtschaftsprüfer*innen aufgrund ihrer prüferischen Expertise am besten hierzu geeignet seien. Wenn es bei diesem Thema auf die Wirtschaftsprüfer*innen hinausläuft, ist eine Anschlussfrage unvermeidlich: Wie sollen sie diese Aufgabe vor dem Hintergrund knapper personeller Ressourcen auch noch zusätzlich bewältigen? Immerhin investieren die WPG bereits in entsprechendes Know-how. Falls auch andere Berufsgruppen diese Prüfungen durchführen dürften, stellt sich die Frage, wie diese innerhalb der sehr kurzen noch zur Verfügung stehenden Zeit die gleichen hohen Qualitätsstandards erreichen sollen, wie sie für Wirtschaftsprüfer*innen gelten.

4. Neuer Prüfungsstandard erzeugt Mehraufwand bei allen Abschlussprüfungen

Eines der Themen für 2024 setzt das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW). Dieses formuliert bekanntlich Normen, an denen sich Prüfer*innen in Deutschland orientieren. Für Abschlussprüfungen von Geschäftsjahren, die zum 31. Dezember 2023 enden (bei kalendergleichem Geschäftsjahr), ist erstmals zwingend der Prüfungsstandard „ISA[DE] 315 Revised (2019)“ anzuwenden. Dieser orientiert sich an seinem internationalen Pendant, dem „SA 315 Revised (2019)”, der für Prüfungen, denen internationale Prüfungsstandards zugrunde lagen, bereits ein Jahr früher anzuwenden war. Entsprechend werden Abschlussprüfer*innen 2024 nun auch für auf deutschen Prüfungsstandards basierenden Abschlussprüfungen die ersten Testate unter diesem „Regime“ herausreichen. Wie immer bei regulatorischen Änderungen bleiben Interpretationsspielräume, und es wird spannend, wie Prüfer*innen diese auslegen werden.

Inhaltlich wirkt sich der neugefasste Standard vor allem auf die allgemeine Prüfungsmethodik aus. So passt er die Vorgehensweise an, nach der Prüfer*innen Risiken im Rahmen des Audits identifizieren und quantifizieren müssen. Die Identifizierung von IT-Risiken ist hierbei eines der Schwerpunktthemen. Für Abschlussprüfer*innen sind die Neuerungen des Standards nicht unerheblich: Durch die geänderte Methodik und die erweiterten Dokumentationspflichten erhöht sich der Prüfungsaufwand für alle betroffenen Jahres- und Konzernabschlussprüfungen.

5. Neue Standards verbessern Qualität, machen aber zunächst Arbeit

Kurz vor Jahreswechsel ist Deadline für die Einrichtung neuer Interner Kontrollsysteme (IKS): WPG müssen ihr eigenes IKS bis spätestens 15. Dezember auf den neuen Qualitätsmanagement-Standard QMS 1 umstellen, den das IDW formuliert hat. Demnach ist es mit der Umstellung allein nicht getan, denn der IDW-Standard schreibt auch ein Monitoring-System mit jährlichen Testläufen für das IKS vor. Internationale Netzwerke, die ihr Qualitätsmanagementsystem bereits im Vorjahr nach ISQM 1 (ISQM: International Standard on Quality Management) eingerichtet haben, haben aufgrund der identischen Anforderungen keinen erneuten Umstellungsaufwand.

Für die kleineren WPG wird mit der Implementierung ihres neuen IKS in vielen Fällen ein Prozess beginnen, der sich bis weit in die zweite Jahreshälfte 2024 erstrecken wird. Das zeigen nicht zuletzt die Erfahrungen der größeren Praxen, die bereits auf ISQM 1 umgestellt haben. Demnach braucht es einige Zeit, bis sich die Abläufe des neuen Systems so eingespielt haben, dass der Betrieb einwandfrei funktioniert.


Für weitere Themen rund um die Wirtschaftsprüfung und Mazars folgen Sie uns auch auf LinkedIn, X und XING

Kommentare

Antwort

Ihre E-Mail Adresse wid nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind markiert*.