CSRD: Das sollten Finanzinstitute und Prüfer*innen beachten

Werte & Vision
19. September 2023

Die EU will der Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen einen höheren Stellenwert verschaffen. Eine der wichtigsten Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Verabschiedung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Auch wenn die CSRD für alle Branchen in gleicher Weise verbindlich ist, ergeben sich gerade für Finanzinstitute zahlreiche Besonderheiten. Unsere Analyse hierzu könnte auch für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG) interessant sein.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD – (EU) 2022/2464) ist im Januar 2023 in Kraft getreten und muss von den EU-Mitgliedsstaaten bis zum Juli 2024 in nationales Recht überführt werden. Die CSRD reformiert die Non-Financial Reporting Directive (NFRD – 2014/95/EU) und weitet deren bisherigen Anwendungsbereich sowie die Berichtspflichten der betroffenen Unternehmen teilweise deutlich aus. Neben der EU-Taxonomie-Verordnung (Taxonomie-VO – (EU) 2020/852) und der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR – (EU) 2019/2088) ist die CSRD Teil des EU- Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums.

Grundsätzlicher Umfang der CSRD

Durch die Gleichstellung von Nachhaltigkeitsinformationen mit Finanzinformationen schafft die CSRD eine standardisierte Sprache für nachhaltigkeitsbezogene Themen. Damit wird es zukünftig leichter, verfügbare, zuverlässige und relevante Daten unterschiedlicher Wirtschafts- und Finanzakteure in ganz Europa zu generieren und diese auch miteinander zu vergleichen.

Um diese Daten zu erheben, legt die CSRD gemäß Artikel 1, Absatz 4 einen umfassenden Katalog an Inhalten fest, welche die betroffenen Institute veröffentlichen müssen. Hierzu gehören neben anderen:

  • Das Geschäftsmodell und die Strategie des Instituts
  • Die Ziele, die sich das Institut in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelange gesetzt hat, sowie Fortschritte, die das Unternehmen bei der Erreichung dieser Ziele bereits gemacht hat
  • Die Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten
  • Die Institutspolitik hinsichtlich der Nachhaltigkeit
  • Die Anreizsysteme für Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane, die mit Nachhaltigkeitsaspekten verknüpft sind
  • Die Beschreibung des Due-Diligence-Verfahrens zu Nachhaltigkeitsbelangen, der Principal Adverse Impacts (PAIs) sowie alle ergriffenen Maßnahmen und das Ergebnis dieser Maßnahmen, um tatsächliche und potenzielle nachteilige Auswirkungen zu verhindern, zu mindern oder zu beheben
  • Die wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken, denen das Institut ausgesetzt ist
  • Die Beschreibung eines Diversitätskonzepts für die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Instituts. Hierbei sollen beispielsweise Kriterien berücksichtigt werden wie Geschlecht, Alter, Bildung, Beruf, aber auch etwaige Handicaps in der Belegschaft.

Trotz der Datenfülle sollten die Institute darauf achten, dass die Informationen aus dem Lagebericht kohärent mit denen aus anderen Pflichtveröffentlichungen sind.

Update der ESRS

Wie die Umsetzung der Veröffentlichung im Detail durchgeführt werden soll, ist in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) beschrieben. Darin sind, unter den beiden übergeordneten Standards „ESRS 1 – Allgemeine Vorschriften“ und „ESRS 2 – Allgemeine Angaben“, zwölf Bereiche definiert, zu denen die Institute ihre ESG-Informationen offenlegen müssen.

Im Juni 2023 hat die EU-Kommission den Entwurf des delegierten Rechtsakts der ESRS mit einigen Anpassungen veröffentlicht. Die darauffolgende Konsultationsphase lief bis Anfang Juli 2023, mit der Verabschiedung der endgültigen Standards wird im August 2023 gerechnet. Die wichtigsten Neuerungen ergaben sich in folgenden Themenbereichen:

Verpflichtende Angaben

In Zukunft ist lediglich der ESRS 2 verpflichtend, also der Standard zu den allgemeinen Offenlegungen. Alle anderen Standards unterliegen damit der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, wodurch diese eine noch größere Bedeutung gewinnt. Durch die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist der endgültige Veröffentlichungsaufwand in Bezug auf die einzelnen Standards zu ermitteln, denn nur für die als wesentlich ermittelten Themen müssen Informationen berichtet werden. Institute werden dabei nicht erklären müssen, warum sie einen Standard als nicht-wesentlich einstufen.

Übergangsphase

Zu den folgenden Bereichen müssen die Institute im ersten Berichtsjahr noch keine Informationen veröffentlichen: Über potenzielle finanzielle Auswirkungen in Bezug auf „E2 – Umweltverschmutzung“, „E3 – Wasser- und Meeresressourcen“, „E4 – Biologische Vielfalt und Ökosysteme“ und „E5 – Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft“. Auch einige Daten im Bereich „S1 – Eigene Mitarbeiter“ müssen noch nicht veröffentlicht werden.

Hat ein Institut weniger als 750 Mitarbeiter, entfallen im ersten Berichtsjahr weitere Veröffentlichungspflichten. So muss es keine Daten über Scope 3 Emissionen und den gesamten Bereich S1 bereitstellen. Für die ersten beiden Berichtsjahre sind auch Veröffentlichungen gemäß E4 sowie „S2 – Arbeitende in der Wertschöpfungskette“, „S3 – betroffene Gemeinschaften“ und „S4 – Konsument*innen und Verbraucher*innen“  nicht verpflichtend.

Das sollten Institute beachten

Die EU hatte bei der Formulierung der CSRD insbesondere Unternehmen des produzierenden Gewerbes  im Blick. Da sie aber auch für Finanzinstitute gilt, stellen sich diesen einige interpretatorische Herausforderungen.

Die Institute müssen vor allem bei der Analyse, Einstufung und Veröffentlichung der negativen Auswirkungen durch die Wertschöpfungskette einfallsreiche Lösungen finden. Die erste Herausforderung dürfte die notwendige Erhebung der Daten in ausreichender Qualität und Quantität über alle Bereiche der Wertschöpfungskette hinweg sein. Noch komplexer wird es, wenn es darum geht, die Auswirkungen ihrer Dienstleistungen, Geschäftsbeziehungen und (externen) Lieferketten auf die drei ESG-Bereiche korrekt zu formulieren und quantifizieren.

Wichtig ist, dass die Institute die Auswirkungen in beide Richtungen, also Inside-Out und Outside-In, untersuchen und dafür alle wesentlichen ESRS berücksichtigen. Dadurch wird ein noch nie dagewesener Umfang von Daten und eine hohe interstrukturelle Komplexität geschaffen, da die ESRS teilweise auch standardübergreifend zusammenhängen.

Diese Fülle an Informationen bietet jedoch auch große Vorteile für Institute. Denn durch die gründliche Wesentlichkeitsanalyse bekommen sie ein umfassenderes Bild des eigenen Instituts und lernen sich selbst besser kennen. Auf dieser Basis können sie durchdachtere Entscheidungen in Bezug auf die eigene Unternehmenstätigkeit und die eigenen Produkte treffen. Zudem werden die zunehmende Quantität und Qualität an Informationen über sämtliche Institute hinweg dabei helfen, bessere Investment- und Kreditvergabeentscheidungen zu tätigen.

Neue Aufgaben für Prüfer*innen

Mit dem Ablösen der NFRD durch die CSRD unterliegen die Veröffentlichungen der Nachhaltigkeitsinformationen zum ersten Mal einer externen Prüfungspflicht. Hierzu muss die EU-Kommission bis Oktober 2026 die entsprechenden Standards festlegen. Bis dahin haben die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, nationale Prüfungsstandards anzuwenden. Im ersten Schritt wird die Prüfung mit begrenzter Sicherheit durchzuführen sein. In der weiteren Zukunft, wahrscheinlich zum 1. Oktober 2028, soll die Prüfung dann mit hinreichender Sicherheit durchgeführt werden.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) plädiert dafür, dass die Abschlussprüfer*innen auch die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durchführen sollten. Denn anders als bei der Wahlmöglichkeit zur Bestellung einer zusätzlichen Prüfer*in werde hierdurch unter anderem die integrierte Berichterstattung gefördert.

Die erstmalige Prüfung der CSRD findet 2025 statt – für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024. Der Prüfungsumfang beinhaltet folgende Bereiche:

  • Übereinstimmung der Nachhaltigkeitserklärung mit den Anforderungen der Richtlinie, einschließlich der Berichtsstandards (ESRS)
  • Verfahren zur Ermittlung der berichteten Informationen gemäß den Berichtsstandards
  • Erfüllung der Digitalisierungspflicht
  • Übereinstimmung mit den Anforderungen der EU-Taxonomie

Zur Durchführung der Prüfung muss die Prüfungsgesellschaft einen verantwortlichen Nachhaltigkeitspartner benennen, der explizite Kenntnisse zu rechtlichen Anforderungen an die Berichtserstellung und -standards, Nachhaltigkeitsanalysen, nachhaltigkeitsbezogenen Due-Diligence-Prozessen und den rechtlichen Anforderungen an Prüfung und Prüfungsstandards haben muss.

Zukunft bringt Herausforderungen und Chancen

Die CSRD bringt für Institute sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Die erweiterten Berichtspflichten und einheitlichen Standards werden zu einer transparenteren und vergleichbareren Nachhaltigkeitsberichterstattung führen. Investoren werden dadurch besser informiert sein, um Nachhaltigkeitsaspekte vermehrt in ihre Entscheidungen einbeziehen zu können. Für die Institute bietet die CSRD zudem die Möglichkeit, langfristige Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und in die Zukunft zu investieren.

Auf die Prüfer*innen kommt mit der Anwendung der CSRD eine fachlich sehr anspruchsvolle Aufgabe zu. Aufgrund der Komplexität des Themas und des hohen Prüfungsumfangs sollten sich Prüfer*innen frühzeitig und intensiv mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen.

Mehr zum Thema: CSRD: Nachhaltigkeitsberichterstattung im Umbruch


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