E-Learnings bei Banken: Regulatorische Fehler ade?

Digitalisierung & Innovation
13. Mai 2024

Der regulatorische Rahmen für Banken ist komplex und gespickt von ständigen Neuerungen. Um einen Einklang zwischen unternehmerischen Besonderheiten und regulatorischen Anforderungen zu finden, investieren Institute in die Hilfe von Unternehmensberater*innen. Doch es gibt einen Weg, die Kosten nachhaltig zu minimieren und die Risikokultur im Unternehmen zu steigern: E-Learnings.

E-Learnings sind Programme, die Expertenwissen in interaktive Elemente verpacken und dieses so einer Vielzahl von Anwender*innen vermitteln. Ihr Einsatz gestaltet das Lernerlebnis unterhaltsam und innovativ, motiviert zum Lernen und erzeugt so einen nachhaltigen Lernerfolg. Mit Hilfe von individueller und praxisnaher Ausgestaltung vermitteln E-Learnings auch abstraktes regulatorisches Wissen verständlich und alltagstauglich. E-Learnings werden in unterschiedlichen Formaten angeboten, am gängigsten sind SCORM (Sharable Content Object Reference Model), AICC (Aviation Industry Computer-Based Training Committee) oder vergleichbare Standards. Unabhängig davon, welcher Standard gewählt wird, ist ein Learning-Management-System notwendig für die Pflege und Verwaltung von Schulungsinhalten.

Die technische und inhaltliche Konzeption sowie Personalisierung von E-Learning-Inhalten stellt eine bedeutende Herausforderung dar, vor allem bei der Gestaltung zielgruppengerechter Schulungsinhalte. Banken benötigen ein tiefgreifendes Spezialwissen, insbesondere im Bereich der Regulatorik, um relevante und wirksame Schulungsinhalte zu entwickeln. Dabei ist es wichtig, das bestehende Lernumfeld zu berücksichtigen und vorhandene technische Ressourcen optimal zu nutzen. So bedarf die Gestaltung von wirksamen und nachhaltigen Lernmaterialien einer guten Infrastruktur. Doch ist eine E-Learning-Lösung erst umgesetzt, bietet sie einen unschätzbaren Vorteil: Einmal erstellte Schulungsmaterialien können als Grundgerüst dienen und bei Bedarf nur marginal mit minimalem personellen Aufwand, geringen Kosten und der Unterstützung eines gut geschulten technischen Supports überarbeitet oder erneuert werden.

Die Rolle von E-Learnings bei der Erfüllung regulatorischer Anforderungen

Von der Novellierung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), den (neuen) Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht über Nachhaltigkeitsthemen bis hin zu schriftlich fixierten Organisationsrichtlinien und der Risikokultur – all diese Themen haben eins gemeinsam: Ihre praktische Umsetzung unterliegt regelmäßig einem gewissen Spielraum und orientiert sich an der Expertise und Erfahrung der Verantwortlichen. Auf der einen Seite wird mit Hilfe der oben genannten Themenblöcke versucht, ein einheitliches Vorgehen unter den Banken zu gewährleisten, auf der anderen Seite kann die Regulatorik nicht passgenau auf alle unternehmensindividuellen Besonderheiten eingehen. Dies hat zur Folge, dass die praktische Ausgestaltung der Regulatorik einer gewissen Fehleranfälligkeit unterliegt.

Benchmarking-Analysen könnten hier eine Lösung sein, doch sind diese zeitlich sehr aufwendig oder lassen sich aus Gründen des Wettbewerbs und wegen fehlender Informationen nicht umsetzen. Daher setzen die Unternehmen oft auf externe Berater*innen, um gemeinsam mit ihnen die notwendige Expertise zu erarbeiten und in die Bank zu tragen. Die breite Belegschaft bekommt selten etwas davon mit und wird lediglich kurz und knapp über neue Erkenntnisse und Ergebnisse informiert. E-Learnings können hier den Informationsfluss optimieren und erweitern: Einmal eingerichtet, können diese breit im gesamten Unternehmen ausgerollt werden. Jede*r Mitarbeiter*in hat dadurch die Möglichkeit, die Themen selbständig und im individuellen Lerntempo zu erarbeiten. Positiver Nebenaspekt für die Unternehmen: E-Learnings sind kostengünstiger als externe oder interne Vorträge und Schulungen in Kleingruppen und binden deutlich weniger Ressourcen.

Nicht nur zur Erfüllung regulatorischer Vorgaben sind E-Learnings nützlich: Jede Bank und jeder Finanzdienstleister hat spezifische interne Abläufe und Vorgehensweisen definiert, die sowohl die Risikokultur als auch die Ethik des Unternehmens widerspiegeln. Die Risikokultur betrifft mitnichten nur die Vorstandsebene und die Führungskräfte – jede*r Mitarbeiter*in sollte sich damit identifizieren. Eine Identifikation ist aber nur dann möglich, wenn Besonderheiten, unternehmenseigene Schwerpunkte und Standards durch Schulungen transportiert und regelmäßig aufgefrischt werden. Um das zu leisten, muss ein E-Learning mehr sein als eine reine Wissensvermittlung: Die Trainings sollen die Mitarbeiter*innen zum Nachdenken und selbstständigen Erarbeiten der Lernziele anhalten und gleichzeitig eine offene Diskussion untereinander ermöglichen. Kann ein E-Learning das bieten, so entsteht eine ideale Plattform und Möglichkeit zur Vermittlung der individuellen Risikokultur des Unternehmens.

Auswirkungen auf die Wirtschaftsprüfung

Welche weiteren Zusammenhänge gibt es zwischen E-Learnings und der Wirtschaftsprüfung? Im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung bei einer Bank oder einem Finanzdienstleister gibt es Prüffelder, wie beispielsweise die interne Governance oder Anforderungen an die Compliance, die bankseitig eine Vielzahl von Mitarbeiter*innen betreffen. Die Aufgabe des*der Wirtschaftsprüfer*in ist es, die Angemessenheit und Wirksamkeit der organisatorischen Vorkehrungen der Bank im Hinblick auf die regulatorischen Anforderungen zu beurteilen. Der Fokus liegt dabei darauf sicherzustellen, dass die internen Abläufe und Kontrollen den geltenden Vorschriften entsprechen und effektiv sind. Durch gut geschultes Personal und regelmäßig aktualisierte Lernangebote für die Mitarbeiter*innen können teure Fehler im Vorfeld ausgeschlossen werden.

Voraussetzung dafür ist, dass die E-Learnings regelmäßig aktualisiert und für die jeweiligen Fachbereiche personalisiert werden und dass eine Teilnahmepflicht für die Mitarbeiter*innen vereinbart wird. Richten die Unternehmen ihre E-Learnings entsprechend ein, ergeben sich große Chancen: Gut ausgebildete Mitarbeiter*innen erkennen Fehler in veralteten Dokumentationen, fehlerhaften Modellen oder unzureichender prozessualer Ausgestaltung, denn sie arbeiten tagtäglich damit. Auf diese Weise können die Unternehmen große Risiken abwenden, bevor ein Schaden eintritt. Gut ausgestaltete und aktuelle E-Learning-Angebote tragen somit zum effektiveren Einsatz von Ressourcen bei. Wirtschaftsprüfer*innen gewinnen durch Einsicht in das E-Learning-Angebot der Banken und Finanzdienstleister ein einheitliches Verständnis von Verfahren, Compliance-Standards und Risikomanagementpraktiken.

E-Learnings in der Zukunft – Ein Ausblick

Wenn es um Prüfungen von Banken geht, ist E-Learning nicht unbedingt das Erste, an das man denkt. Aber das wird sich möglicherweise ändern. Schon jetzt sichten Wirtschaftsprüfer*innen nicht ausschließlich Akten, sondern ebenfalls Prozesse, Programme und Anwendungen in Banken. In Zukunft wird auch das Angebot von E-Learnings eine Rolle spielen, wenn es als maßgebliches Medium in die Prozesslandschaft der Banken integriert wird. Für Banken bedeutet ein modernes Lernangebot in vielen Fällen einen Wettbewerbsvorteil. Ein innovatives, modernes und personalisiertes Lernumfeld für die Mitarbeiter*innen sorgt dafür, dass die Bank als Arbeitgeberin attraktiver wahrgenommen wird. Dies ist im Wettbewerb sehr wichtig, insbesondere in Zeiten des steigenden Fachkräftemangels. Je besser und individueller die Mitarbeiter*innen auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet sind, desto geringer ist das Risiko für regulatorische Fehler, die häufig aus den komplexen Anforderungen der Aufsichtsbehörden erwachsen.

Ein Trend, der sich abzeichnet, ist die Personalisierung von Lerninhalten. Dank fortschrittlicher Technologie wie Künstlicher Intelligenz können Banken und Finanzdienstleister für ihre Mitarbeiter*innen maßgeschneiderte Lernpfade erstellen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Stellenprofils und die Vorbildung jedes*jeder Einzelnen zugeschnitten sind. Das bedeutet mehr Zeit für die relevanten Schulungsinhalte und mehr Effizienz bei der Wissensvermittlung. Natürlich geht es nicht nur darum, ob man regulatorisches Fachwissen transportieren kann, sondern auch um das „Wie“. In Zukunft könnten es zunehmend interaktive Simulationen sein, die es Mitarbeiter*innen ermöglichen, ihre Fähigkeiten im Umgang mit regulatorischen Anforderungen zu verbessern. Das bedeutet: Weg von der reinen Theorie aus dem Studium von Gesetzen und hin zu praktischen Anwendungsgebieten.

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