KI und Audit: Werden Wirtschaftsprüfer*innen noch gebraucht?

Digitalisierung & Innovation
12. Dezember 2023

Die Wirtschaftsprüfung steht vor einem Umbruch – und mit ihr der Beruf des*der Wirtschaftsprüfer*in. Grund ist der zunehmende Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der Branche. Werden die Prüfer*innen da überhaupt noch gebraucht? Fest steht: Das Berufsbild ändert sich, stellt neue Anforderungen – Prüfer*innen sollten sich darauf vorbereiten.

Spätestens 2035 werde es keinen Arbeitsplatz mehr geben, der nichts mit KI-Anwendungen zu tun habe. Das sagte kürzlich kein Geringerer als der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil. Für einige Wirtschaftsprüfer*innen mag diese Aussage seltsam anachronistisch geklungen haben: Was, so lange dauert es noch? Die Überraschung ist verständlich, denn für viele Prüfer*innen hat das neue technologische Zeitalter bereits begonnen. So ist der Einsatz von KI für viele schon heute integraler Bestandteil ihres Arbeitsalltags. Zwar werden die neuen Tools aktuell hauptsächlich in den Bereichen Daten- und Risikoanalyse sowie bei der Betrugserkennung genutzt. Doch die Entwicklung geht ja weiter. Manch einer wird sich da fragen, ob es das Berufsbild des*der Wirtschaftsprüfer*in 2035 überhaupt noch gibt.

Eine knappe Antwort auf diese Frage lautet: Ja, es wird auch im Jahr 2035 und darüber hinaus Wirtschaftsprüfer*innen geben. Das Berufsbild wird sich allerdings verändern. Das muss nichts Schlechtes sein, denn es sind zuallererst Recherche- und Routinearbeiten, welche KI-Lösungen den Prüfer*innen abnehmen. KI-Anwendungen sind im Grunde Hilfsprogramme, welche die Prüfer*innen unterstützen. Und sie kommen just zu einer Zeit, in der man sie gut gebrauchen kann. Denn die Anforderungen an die Qualität und Validität der Finanzberichterstattung steigen stetig an. Wer sich nicht durch einen immer größer werdenden Berg von Akten wühlen will, kann froh sein, dass er diese Arbeit bereits heute an KI-Tools delegieren kann.

Lassen Prüfer*innen in Zukunft einfach die Künstliche Intelligenz für sich arbeiten?

Werden Prüfer*innen in Zukunft also einfach die Künstliche Intelligenz für sich arbeiten lassen? So einfach wird das neue Prüferleben dann voraussichtlich doch nicht werden. Denn die neue Technik kann zwar eine ganze Menge, aber sie kann auch ein paar Sachen nicht. Zudem ist sie aktuell noch durchaus fehleranfällig. Wirtschaftsprüfer*innen müssen deshalb mit ihrem Team dafür sorgen, die Risiken, die durch den Einsatz von KI entstehen, auf ein Minimum zu reduzieren. Dazu gehört auch, dass die gesetzlichen und internen Vorgaben zum Thema Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet werden. Zudem ist es notwendig, dass den Wirtschaftsprüfer*innen die zur Auswertung herangezogenen Daten transparent sind. Gleichzeitig müssen sie ein Verständnis von der Arbeitsweise der eingesetzten Algorithmen beziehungsweise des Machine-Learning-Systems ihrer KI entwickeln. Das ist deshalb wichtig, weil die Wirtschaftsprüfer*innen in der Lage sein sollten, die Plausibilität der durch die KI zutage geförderten Resultate zu beurteilen.

Der Einsatz von KI in der Wirtschaftsprüfung wird somit zu einer Verschiebung von Standard- und Routinearbeiten hin zu höherwertigen Tätigkeiten führen. Für moderne Wirtschaftsprüfer*innen wird es deshalb schon bald mehr denn je darum gehen, ihre originäre Fachexpertise zu nutzen. Denn sie werden es sein, die, basierend auf den KI-Vorarbeiten, Entscheidungen treffen, Schlüsse ziehen und Empfehlungen aussprechen. Genau diese Tätigkeiten kann und sollte ihnen die KI nämlich keinesfalls abnehmen. Warum? Weil Menschen das einfach besser können.

Lieber heute als morgen: Prüfer*innen müssen sich KI-Know-how aneignen

Um sich fit zu machen für das KI-Zeitalter, ist es ratsam für Wirtschaftsprüfer*innen, sich lieber heute als morgen darauf vorzubereiten. Die Zukunft ist jetzt, KI-Systeme sind bei den großen Gesellschaften bereits implementiert. Wenn sie es noch nicht getan haben, sollten sich Prüfer*innen deshalb grundlegende Kenntnisse über KI-Konzepte und KI-Technologien aneignen, um ein Verständnis ihrer Funktionsweise und Anwendungsbreite zu bekommen. Vertraut machen sollten sie sich auch mit den auf dem Markt verfügbaren KI-Tools und Softwarelösungen, die eine KI-basierte Analyse oder Automatisierung für die Wirtschaftsprüfung unterstützen. Ferner wäre es gut, sich die praktische Frage zu stellen, wie sie selbst KI-Systeme in der Datenanalyse, Risikobewertung, Compliance-Prüfung und anderen relevanten Aufgaben sinnvoll einsetzen können. Auch mit den  rechtlichen Implikationen des Einsatzes von KI sollten sich Prüfer*innen beschäftigen, sprich mit der Frage, wer haftet, wenn die KI einen Fehler macht.

Noch mehr als es heute schon der Fall ist, wird die Herausforderung für Wirtschaftsprüfer*innen darin bestehen, sich ständig über Neuerungen auf dem Laufenden zu halten. Das machen sie bereits mit Blick auf die vielen neuen nationalen und internationalen Regularien, die sie Jahr für Jahr bei der  Berichterstattung zu berücksichtigen haben. Hinzu kommen jetzt die sich noch rasanter entwickelnden Innovationen im technologischen Bereich. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu verstehen, dass der Einsatz KI-basierter Tools einen fortlaufenden Optimierungsprozess nach sich zieht. Es ist dabei nicht damit getan, eine neue und vielleicht geeignetere Softwarelösung für die eigenen Bedürfnisse auszuwählen. Nötig ist vielmehr eine wiederkehrende technische Revision, bei der Wirtschaftsprüfer*innen die Prozesse rund um den Einsatz der KI überprüfen und gegebenenfalls Defizite beseitigen.

Fazit: Das Berufsbild des*der Wirtschaftsprüfer*in bleibt spannend

Sicher, die Durchführung eines Jahresabschlusses ist heute Teamwork. Prüfer*innen stehen nicht allein, eine Vielzahl von Expert*innen arbeiten mit ihnen zusammen. Nicht auszuschließen, dass ein*eine Data- oder IT-Spezialist*in bald obligatorisch mit zum Team dazu gehört, um die KI zu steuern und diesbezügliche Fehler zu minimieren. Aber Herr des Verfahrens bleibt der*die verantwortliche Wirtschaftsprüfer*in. Dieser Verantwortung können Prüfer*innen zukünftig nur gerecht werden, wenn sie sich mit der Funktionsweise von KI, ihren Möglichkeiten und Grenzen vertraut gemacht haben. Das Berufsbild des*der Wirtschaftsprüfer*in wandelt sich also – und es bleibt spannend.

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