Metaverse: Wie bilanziert man virtuelle Welten? 

Digitalisierung & Innovation
4. Juni 2024

Immer mehr Unternehmen eröffnen ihre Filialen auch im Metaverse und bieten dort Services an, erwerben virtuelles Land oder verkaufen digitale Güter. Wirtschaftsprüfer*innen stellen die Aktivitäten der Mandanten in den künstlichen Welten oft vor Herausforderungen. Denn auch immaterielle Werte sind zu bilanzieren – und das nicht nur im Metaverse.

Spätestens seit Marc Zuckerberg 2021 sein Unternehmen Facebook in Meta umbenannt hat, dürften die meisten schon einmal vom „Metaverse“ gehört haben. Erstmals hat den Begriff aber wohl der Science-Fiction-Autor Neal Stephenson genutzt. In seinem 1992 erschienenen Roman „Snow Crash“ lässt er seine Protagonist*innen nicht nur Abenteuer in der analogen Welt, sondern als Avatare auch in der digitalen Sphäre des Metaverse erleben. Und darum geht es im Grunde auch heute noch im Metaverse: Die Nutzer*innen sollen etwas in virtuellen Räumen erleben, als wäre es real. Am besten also mit einer virtuellen Brille, die eine 3D-Welt und somit eine Raumillusion erzeugt.

Wie kommen Güter aus dem Metaverse in analoge Bilanzen?

Wie immer, wenn neue Räume mit potenziellen Kund*innen entstehen, sind auch die Unternehmen nicht weit, die ein Geschäft wittern. Und da diese Geschäfte bilanziert werden müssen, sind es irgendwann auch die Wirtschaftsprüfer*innen, die sich mit dem Metaverse auseinanderzusetzen haben. Dabei ist die Frage, wie im Metaverse erworbene Güter oder Immobilien bilanziert werden müssen, alles andere als leicht zu beantworten. Tatsächlich dürfte die Bewertung oder eine Abschreibung solcher Vermögenswerte für die meisten Wirtschaftsprüfer*innen eine gewisse Herausforderung darstellen.

Alles eine Frage des Timings: Wann Umsatz gebucht werden muss

Es sind vor allem die Bereiche der virtuellen Güter, Dienstleistungen und die digitale Werbung, in denen die Unternehmen im Metaverse Geld verdienen. Die Aufgabe von Wirtschaftsprüfer*innen in diesem Zusammenhang ist es, sicherzustellen, dass ihre Mandanten, auch wenn sie in der digitalen Sphäre unterwegs sind, die geltenden Rechnungslegungsstandards und -richtlinien korrekt anwenden und ihren Umsatz richtig verbuchen. Einfacher gesagt als getan, denn zu welchem Zeitpunkt muss der im Metaverse erzielte Umsatz im analogen Jahresabschluss verbucht werden?

Generell ist es so: Wird die Kontrolle über einen Vermögenswert an eine*n Kund*in übertragen, gehen auch die damit verbundenen Chancen und Risiken an den*die Kund*in über. Bei einem physischen Gegenstand in der analogen Welt entstehen hierbei in der Regel keine Auslegungsprobleme, denn mit der Aushändigung des Gegenstands übertragen sich auch die an ihn gebundenen Chancen und Risiken. Unschärfen treten aber dann zutage, wenn es um immaterielle oder virtuelle Güter und ihre Übertragung an den*die Kund*in geht. Zudem handeln die Marktteilnehmer*innen im Metaverse zunehmend hybride Konstrukte, die sich nur schwer kategorisieren lassen, etwa Non-Fungible Tokens. Bei diesen NFTs handelt es sich um Zertifikate, die sich sowohl auf virtuelle als auch auf analoge Güter beziehen können. Wann die Übertragung der mit ihnen verbundenen Chancen und Risiken stattgefunden hat, lässt sich oft schwer bestimmen. Anhaltspunkte geben aber oft geleistete Übertragungsfees an den ursprünglichen Besitzer. Vor allem aufgrund dieser Mischformen von Übertragungen, wie sie im Metaverse vorkommen, gilt es für Wirtschaftsprüfer*innen den jeweiligen Einzelfall genau zu betrachten und die Mechaniken der Übertragung exakt zu beleuchten.

Wie zahlt man im Metaverse? Und was bedeutet das für den Abschluss?

Wer sich im Metaverse ein digitales Kunstwerk für seine digitale Villa kauft, blättert in aller Regel keine Euroscheine auf den Tisch. In der virtuellen Sphäre sind stattdessen Kryptowährungen die gängige Zahlungsmethode. Hier gilt es für Wirtschaftsprüfer*innen darauf zu achten, dass ihre Mandanten die entsprechenden Vorschriften beim Umgang mit digitalen Zahlungen einhalten und dass die Bilanzpositionen in Bezug auf Kryptowährungen korrekt ausgewiesen werden. Generell bestehen für Kryptowährungen zahlreiche Bilanzierungsmethoden – und zwar in Abhängigkeit der Einstufung der jeweiligen Währungen. Diese Klassifizierung erfolgt entlang der grundlegenden Methoden der Rechnungslegungsvorschriften und ist immer für den Einzelfall und unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifika der eingesetzten Kryptowährungen zu treffen. Kryptowährungen sind im Vergleich zu FIAT-Währungen auch sehr viel spezieller und individueller in ihrer technischen Ausgestaltung und in ihrer Besicherung. Aus diesem Grund muss genauer hingesehen werden, wie der Ausweis in der Bilanz erfolgt und wie damit auch die mögliche Wertentwicklung zu berücksichtigen ist.

Die richtigen Risiken minimieren

Macht ein Unternehmen sein Geschäft im Metaverse, sieht es sich oft mit anderen Risiken konfrontiert als ein Unternehmen, das seine Produkte traditionell vor Ort feilbietet. So sollten beim digitalen Business IT-Risiken, Cybersecurity und Datenschutz eine wichtige Rolle für den Mandanten spielen. Insbesondere die Sicherheit und der Schutz von Kundendaten haben im Metaverse einen sehr hohen Stellenwert – wer das nicht beachtet, für den ist das Metaverse schon bald ein sehr einsamer Ort. Unternehmen tun deshalb gut daran, zur Risikominimierung in IT-Sicherheit und Datenschutz zu investieren. Ob die Maßnahmen des Mandanten angemessen und wirksam sind, darauf sollten die Wirtschaftsprüfer*innen unbedingt achten. So ergeben sich aus den risikominimierenden Maßnahmen signifikante Folgen für die Höhe von Rückstellungen, die für Strafen bei einem mangelhaften Datenschutz anfallen können. Auch im Bereich Going Concern, also beim Fortführungsprinzip, sollten Bewertungen auch auf der Basis der spezifischen Risikominimierung getroffen werden, die für Unternehmen im Metaverse zu beachten sind.

Fazit: Gut informiert zum Wohl von Mandant und Stakeholdern

Neue Technologien stellen für Wirtschaftsprüfer*innen immer wieder auch neue Herausforderungen dar. Das Metaverse und die Aktivitäten der Mandanten in diesem Raum sindNeuerungen, die für die Abschlussprüfung an Relevanz gewinnen werden. Wirtschaftsprüfer*innen sollten sich deshalb frühzeitig über die Implikationen entsprechender Wirtschaftsaktivitäten in dieser Sphäre auf die Finanzberichterstattung informieren. Dann können sie die Ausflüge ihrer Mandanten ins Metaverse sicher und professionell begleiten.

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