EU-Krypto-Regulierung: Was Banken jetzt wissen sollten

Digitalisierung & Innovation
19. Juli 2022

Banken haben Kryptowerte (engl. Crypto Assets) schon seit einiger Zeit auf dem Radar. Ein Grund dafür sind die regulatorischen Entwicklungen. Im September 2020 veröffentlichte die Europäische Union (EU) einen Vorschlag zur Regulierung der Märkte für Crypto Assets, kurz MiCA. Ziel ist es, einen EU-weit einheitlichen Rechtsrahmen für Kryptowerte zu schaffen.

Inzwischen gibt es dafür grünes Licht: Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (Economic and Monetary Affairs Committee, ECON) des Europäischen Parlaments hat am 14. März 2022 über eine geänderte Fassung der MiCA-Verordnung abgestimmt und entschieden, MiCA zu unterstützen. Abgesehen davon, dass die Anbieter von Crypto Assets den Anti-Geldwäsche-Gesetzen (AMLD5) unterliegen, ist der Kryptobereich im Allgemeinen kaum reguliert. Die MiCA-Verordnung, die voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 in Kraft treten wird, ist daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Wichtige Überlegungen für Banken

In Europa müssen Dienstleister für Crypto Assets zugelassene juristische Personen mit Sitz in der EU sein. Sobald sie in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, dürfen sie Kryptodienstleistungen automatisch in der gesamten EU anbieten. Für Verluste aufgrund von Cyberangriffen oder Ausfällen müssen diese Unternehmen in gewissem Umfang haften. Für Emittenten von Crypto Assets gilt: Sie müssen ein Whitepaper veröffentlichen und dieses den nationalen Finanzmarktaufsichtsbehörden melden. Außerdem sollten sie als juristische Personen eingetragen sein – eine Anforderung, die für den bereits existierenden Bitcoin nicht gilt.

Besondere Aufmerksamkeit hat die MiCA-Verordnung den sogenannten Stablecoins gewidmet. Dabei handelt es sich um eine digitale Währung, die an eine Fiat-Währung wie den US-Dollar oder einen stabilen Vermögenswert wie Gold gekoppelt ist. MiCA unterscheidet zwischen Asset-referenzierten Token (ARTs) und E-Geld-Token (EMTs). ARTs sind Crypto Assets, deren Wert auf mehreren Fiat-Währungen, einem oder mehreren Rohstoffen, einem oder mehreren Crypto Assets oder einer Kombination solcher Assets basiert. Das EMT ist ein Crypto Asset, das als Tauschmittel verwendet wird und auf eine Fiat-Währung lautet, die ein gesetzliches Zahlungsmittel ist. Für EMTs gelten ähnliche Anforderungen wie für elektronisches Geld. Für die Ausgabe eines der beiden Token verlangen die Rechtsvorschriften eine E-Geld- oder Banklizenz, wodurch die Banken einen regulatorischen Vorteil erhalten. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wird die Ausgabe von ARTs beaufsichtigen, während die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) die EMTs überwachen wird.

Obwohl Zinszahlungen auf Stablecoin-Verbindlichkeiten verboten sind, darf der Emittent solcher Token nur in hochwertige, risikoarme und liquide Vermögenswerte investieren, darunter Zentralbankreserven und Staatsanleihen. Die begrenzte Zinsmarge fördert kein tragfähiges Geschäftsmodell für den Emittenten und könnte die Banken dazu veranlassen, als Dienstleister aufzutreten. Man könnte auch argumentieren, dass ein Verbot von Zinszahlungen für Stablecoin-Halter potenzielle Investoren abschrecken würde, was den Wettbewerb um den kommenden digitalen Euro verringern würde.

Die Banken sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass die MiCA-Verordnung nicht die aufsichtsrechtliche Behandlung von Kryptorisiken in ihren Bilanzen abdeckt. Diese werden durch die EU-Eigenkapitalverordnung geregelt. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht – er ist bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) angesiedelt – hatte letztes Jahr eine erste Konsultation zu diesem Thema veröffentlicht.

Das Proof-of-Work-Konzept von MiCA, das die Verwendung von Kryptowährungen, die durch einen energieintensiven Prozess betrieben werden, einschränkt, wurde vom ECON abgelehnt. Dennoch forderte das Europäische Parlament die Europäische Kommission auf, das Mining von Crypto Assets in die EU-Taxonomie-Verordnung aufzunehmen. Banken, die in den Kryptomarkt einsteigen wollen, sollten bereit sein, ihre Nachhaltigkeitsziele mit der Energienutzung von Kryptowährungen in Einklang zu bringen.

Eine weitere Überlegung für Banken, die sich auf den Kryptomärkten engagieren möchten, ist, dass MiCA der Zentralbank erlaubt, jeden Stablecoin zu verbieten, der in der EU zu einflussreich wird und das Finanzsystem oder die Souveränität eines Landes bedroht. Das Risiko, dass ein Coin jederzeit von der Aufsichtsbehörde für illegal erklärt werden kann, ist für Banken möglicherweise nicht leicht zu verkraften.

Auch wenn weiterhin Unsicherheiten bestehen, bietet die MiCA-Verordnung doch einen gewissen Einblick in die Richtung, in die Kryptowährungen gebracht werden sollen. Ob sich der Markt tatsächlich dahin entwickeln wird, bleibt abzuwarten.

Warnungen der Regulierungsbehörden

In der Zwischenzeit warnen die europäischen Aufsichtsbehörden (EBA, ESMA und EIOPA) in ihrer jüngsten Veröffentlichung vom 17. März 2022 vor den mit Crypto Assets verbundenen Risiken. Grund dafür ist das wachsende Interesse der Verbraucher*innen an diesen Produkten. Risiken, so die Behörden, ergeben sich vor allem aus der extremen Volatilität, der Verbreitung irreführender Informationen (auch über die sozialen Medien), dem Mangel an Schutz und Transparenz sowie aus Betrug, Cyberangriffen und nicht zuletzt aus der Komplexität dieser Produkte.

Seit Ausbruch des Ukrainekriegs sind diese Risiken noch deutlicher geworden. Viele Medien haben darauf hingewiesen, dass der russische Staat, die russischen Eliten und die russischen Oligarchen in Kryptowährungen eine Möglichkeit sehen könnten, die vom Westen verhängten Finanzsanktionen zu umgehen. In ihrem Vortrag auf dem Innovationsgipfel der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnte die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, vor Marktteilnehmer*innen, die den Rubel in Kryptowährungen umwandeln, um den verhängten Sanktionen zu entgehen. Einer ähnlichen Sorge des US-Finanzministeriums Anfang März folgte die Unterzeichnung eines „regierungsweiten“ Ansatzes zur Regulierung digitaler Vermögenswerte durch US-Präsident Joe Biden.

Trotz aller Risiken dieser sich schnell entwickelnden Anlageklasse bieten die Kryptomärkte auch eine neue Möglichkeit, den Widerstand der Ukraine im aktuellen Konflikt zu unterstützen. Einige Tage nach Beginn des Krieges richteten die ukrainischen Behörden eine nationale Spenden-Website ein. Sie baten um Spenden in Kryptowährungen. So wurden bis zum 31. März über 71 Millionen Dollar gesammelt. Die Vorteile von Kryptowährungen als flexible und einfach zu handhabende Methode für Spenden für wohltätige Zwecke waren ein Schlüsselfaktor für die Unterzeichnung eines Gesetzes am 26. März 2022, das den Kryptowährungssektor in der Ukraine legalisiert.

Natürlich ist MiCA nur eine von vielen Verordnungen, die das digitale Finanzpaket bilden, an dem die EU-Regulierungsbehörden derzeit arbeiten. Noch steht die EU diesbezüglich am Anfang ihrer regulatorischen Reise. Je eher sie den Weg vollständig ebnet, desto eher können Finanzmarktteilnehmer*innen entscheiden, welchen Kurs sie einschlagen wollen, um an diesem dynamischen Markt zu partizipieren.


Dieser Artikel von Meglena Grueva ist ursprünglich auf Englisch mit dem Titel „Can markets in crypto-assets (MiCA) give banks a regulatory edge?“ auf dem Financial Services Blog von Mazars erschienen.

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