Future of Finance: CFOs unter Transformationsdruck (Teil 1)

Digitalisierung & Innovation
30. Mai 2022

Seit einigen Jahren müssen sich Entscheider*innen intensiv mit der digitalen Transformation befassen. Vor welchen Herausforderungen steht das Top-Management, insbesondere der Finanzvorstand? Haben sich die Anforderungen an die Mitarbeiter*innen der Finanzabteilung verändert? Und was bedeutet die Digitalisierung für die Zusammenarbeit mit Berater-/Prüfer*innen?

Für Timo Husemann, Dr. Wolfgang Völl und Dr. Andreas Eckhardt stehen Digitalisierungsfragen auf der Agenda vieler Mandate – ob in der Wirtschaftsprüfung, in der Prozessberatung oder in der Rechtsberatung. Ihre Erfahrungen zeigen: Im Finanzbereich ist der Transformationsdruck besonders hoch.

Teil 1 der Gesprächsreihe befasst sich mit den Herausforderungen an die Finanzabteilung und den Finanzvorstand.

Teil 2 der Gesprächsreihe widmet sich den Anforderungen an die Mitarbeiter*innen.

Teil 3 der Gesprächsreihe beleuchtet die Zusammenarbeit mit Berater-/Prüfer*innen.

Vor welche Herausforderungen stellt die technologische Transformation unsere Mandant*innen und insbesondere den CFO?

Timo Husemann: Aus meinen Gesprächen mit Entscheider*innen im Finanzbereich nehme ich einen wirklich sehr hohen transformativen Druck wahr.

Wolfgang Völl: Stimmt, mittlerweile stehen das Thema Digitalisierung und die damit einhergehenden Digitalisierungs- und Transformationsaufgaben auf der Agenda nahezu aller CFOs.

Andreas Eckhardt: Dieser Transformationsdruck hat auch immer eine personalwirtschaftliche Perspektive: Die Digitalisierung verschärft den ohnehin schon ausgeprägten sog. War for Talents, also den Kampf um neue Talente und die Besetzung von relevanten Mitarbeiterpositionen.

Völl: An den Fragen, die sich Entscheider*innen stellen und über die wir mit den Mandant*innen diskutieren, wird deutlich, wie breit das Spektrum an Herausforderungen ist. Viele wollen wissen, was ist der richtige Weg zur Transformation? Hier sind sehr unterschiedliche Facetten zu berücksichtigen, angefangen von der Frage nach einer Digitalisierungsstrategie bis hin zu Entscheidungen nach der für ein Unternehmen in einem spezifischen Anwendungsfall richtigen Technologie. Wir sind im 21. Jahrhundert. Die technologischen Möglichkeiten scheinen unendlich groß zu sein.

Husemann: Mit diesen „unendlichen“ technologischen Möglichkeiten steigt auch die Komplexität. Tatsächlich wird die Vorbereitung für oder gegen Transformationsentscheidungen und die damit verbundene finanzielle Bewertung von solchen Transformationsprojekten immer komplexer. Die digitale Transformation bringt ein hohes Maß an Veränderung im Finanz- bzw. Governance-Bereich mit sich. Organisationen stellen immer höhere Anforderungen an diese Bereiche. Das gilt beispielsweise für Auswertungen wie Data Analytics und Predictive Analytics oder auch für ganz neue technologische Ansätze wie Prozessanalysen durch Process-Mining-Technologien.

Völl: Fakt ist aber auch, dass die Anwendung zukunftsweisender Technologien wie Predictive Forecasting in der breiten Masse der Unternehmen heute sicherlich noch nicht der Standard ist. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Häufig führt die mit einem höheren Innovationsgrad einhergehende Unsicherheit bezüglich des Mehrwertes einer solchen Technologie heute noch zu einer Entscheidung gegen die Einführung. Es gibt viele weitere mögliche Gründe für Zurückhaltung. Einer der zentralen Aspekte ist häufig eine fehlende durchgängige und qualitativ ausreichende Datenbasis. Gleichwohl ist zu beobachten, dass diejenigen Unternehmen, die den notwendigen Mut zur Innovation haben, deutlich schneller und erfolgreicher durch die Transformation kommen.

Husemann: Ich will kein Spielverderber sein, aber diese Frage muss ich stellen: Wie lassen sich die übrigen Stakeholder im Unternehmen von der Notwendigkeit einzelner Maßnahmen überzeugen? Historisch betrachtet waren die Finanzbereiche schon immer zentrale Entscheidungsvorbereiter für die Geschäftsführung, für Gesellschafter oder für Aufsichtsorgane. Diese Rolle kann durch die angesprochenen Technologien ausgebaut werden.

Eckhardt: Womit wir wieder beim Thema „Digital Upskilling“ und dem War for Talents wären. Oft müssen im Rahmen der digitalen Transformation neue Talente angeworben werden, weil die bereits vorhandenen Mitarbeitenden nicht (mehr) über die erforderlichen Qualifikationen bzw. das richtige Mindset verfügen, um erforderliche Veränderungsmaßnahmen zu begleiten. Diejenigen Bestandsmitarbeitenden, welche bereit sind, eine digitale HR-Transformations-Reise mitzugehen, sollten dennoch umfassend digital ausgebildet bzw. weitergebildet werden. Denn nur der richtige Mix aus neuen Talenten und sich weiterentwickelnden Bestandsmitarbeitenden schafft es, die Unternehmung und gerade den Finanzbereich im Rahmen einer digitalen Transformation in die Zukunft zu führen.

Völl: Zusammengefasst heißt das: Wie muss der CFO den Finanzbereich organisatorisch, technologisch und personell ausrichten, um den Erwartungen auch in Zukunft gerecht werden zu können? Die konsequente Anwendung digitaler Technologien bietet nicht nur ein enormes Potenzial für Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen, sondern bedeutet auch steigende Komplexität, steigende Erwartungen an den Finanzbereich und sich verändernde Aufgaben. Der CFO wird Lieferant von Echtzeit-Daten, Lieferant von nicht-finanziellen Kennzahlen (insbesondere im Kontext von EU Taxonomy und CSRD) sowie Lieferant von datengestützten Analysen.

Husemann: Das ist das Ziel. Aber neue Technologien, neue Prozesse und neue Aufgaben brauchen Veränderungsbereitschaft. Wie lassen sich interne Widerstände überwinden? Wir beobachten immer wieder eine Art Verteidigungshaltung gegenüber dem Status Quo.

Eckhardt: Hier zeigt sich, dass die Herausforderungen der digitalen Transformation nicht vorrangig technologisch sind, sondern in der Veränderung von Verhaltens- und Arbeitsweisen der Mitarbeitenden liegen. Unternehmen müssen sich daher auch weiter in ihrer Rolle als Arbeitgeber transformieren, um im War for Talents mithalten zu können. Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen (bezogen auf Arbeitsort, Arbeitszeit, Arbeitsformen) sind Schlüsselfaktoren von New Work. Die HR-Abteilung muss dieses Konzept rechtssicher und mit State-of-the-art-Lösungen umsetzen. Es muss vor allem von der Führung vorgelebt werden. Das Top-Management und insbesondere der CFO spielen also bei der digitalen Transformation eine ganz entscheidende Rolle.


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