E wie einfach? Die elektronische Signatur in der Steuerberatung (Teil 2)

Digitalisierung & Innovation
17. Januar 2023

Wie viel Potenzial steckt in der elektronischen Signatur? Nach der Wirtschaftsprüfung (Teil 1) befasst sich Teil 2 unserer Serie „E wie einfach“ mit den Anwendungsmöglichkeiten und Herausforderungen der digitalen Signatur in der Steuerberatung.

Bei der Einführung der digitalen Signatur sind die allgemeine technische Umsetzung und die Bereitstellung der Anwendung zweitrangig. Viel entscheidender ist es, den Nutzer*innen das Verständnis (was bedeutet die Signatur in der digitalen Welt?) und die Sicherheit (welche rechtlichen Anforderungen gelten für meine konkreten Prozesse?) mitzugeben, um die E-Signatur im Arbeitsalltag nachhaltig zu verankern.

Grundlage: die eIDAS-Verordnung

Die digitale Signatur beruht auf der europäischen eIDAS-Verordnung Nr. 910/2014 (Electronic Identification, Authentication and Trust Services) aus dem Jahr 2014. Darin werden drei Signaturarten festgeschrieben, um die analoge Signatur gleichwertig und rechtssicher in der digitalen Welt abzubilden:

Die „qualifizierte elektronische Signatur“ (QES) entspricht der eigenhändigen Signatur und hat somit die höchste Beweiskraft. Mit ihr können Verträge, Abschlüsse und Berichte, die in der analogen Welt eine handschriftliche Signatur benötigen, digital und rechtssicher unterzeichnet werden. Um die Identität des*der Unterzeichnenden zu gewährleisten, bedarf es zur Unterzeichnung mit der qualifizierten elektronischen Signatur einer Identifikation, beispielsweise durch ein Video-Identifikations-Verfahren.

Auch für die „fortgeschrittene elektronische Signatur“ muss sich der*die Unterzeichner*in identifizieren, zum Beispiel durch eine Multi-Faktor-Authentifizierung. Die fortgeschrittene elektronische Signatur wird selten rechtlich vorgeschrieben und dient meistens mehr zur freiwilligen, zusätzlichen Sicherheit der Identität des*der Unterzeichnenden. Häufiger ist die Textform (einfache elektronische Signatur) oder die eigenhändige Signatur (qualifizierte elektronische Signatur) vorgeschrieben.

Die „einfache elektronische Signatur“ ist genau genommen ein Sammelbegriff, der alle digitalen Signaturen umfasst, die nicht durch die fortgeschrittene oder qualifizierte Signaturart erfolgen. Nichtsdestotrotz wird die einfache elektronische Signatur häufiger verwendet als vermutet, beispielsweise beim Bestätigen von AGBs per Checkbox oder beim Einfügen einer Scan-Unterschrift. Die einfache digitale Signatur hat zwar die geringste Beweiskraft, aber folgenden Vorteil: Sie lässt sich unkompliziert in bestehende Systeme integrieren, was Prozesse ohne weiteren Kostenaufwand optimiert und beschleunigt.

Bei allen digitalen bzw. elektronischen Signaturarten ist Folgendes zu beachten: In der digitalen Welt ist nicht mehr die „geschriebene“ Signatur die Grundlage einer Unterschrift. Die Unterschrift ist stattdessen nur noch die bildliche Form eines digitalen, verschlüsselten Datensatzes. Insbesondere bei der fortgeschrittenen und qualifizierten elektronischen Signatur erhält dieser Datensatz die Identifikation des*der Unterzeichnenden, ausgelesen aus der Multi-Faktor-Authentifizierung oder der Video-Identifikation des*der Unterzeichnenden. Daher ist es auch nicht relevant, ob die digitale Signatur genauso aussieht wie die analoge, eigene Signatur. Sie können variieren, solange in der Verschlüsselung der digitalen Signatur der*die Unterzeichnende nachvollzogen werden kann.

Welche Rahmenbedingungen gelten für den Berufsalltag?

Die sogenannten Trust Service Provider der Europäischen Union wurden im Zusammenhang mit der Gesetzgebung zur digitalen Signatur festgelegt. Das EU Trust Service Dashboard bietet eine zentrale Plattform, um einfach und transparent Anbieter*innen für die eigene Tool-Entscheidung auszuwählen. Deren entsprechende Tools sind von der EU dazu klassifiziert, insbesondere für die qualifizierte digitale Signatur Rechtssicherheit zu gewährleisten. Aber auch die Unterzeichnung mit der einfachen oder der fortgeschrittenen elektronischen Signatur ist mit diesen Anbieter*innen möglich.

Konkrete Anwendungsbeispiele in der Steuerberatung

Der Transfer von rechtlichen Grundlagen der digitalen Signatur auf konkrete Anwendungsbereiche gelingt insbesondere dann, wenn die internen Geschäftsprozesse harmonisiert sind und dadurch ein einheitlicher und sicherer Umgang mit der digitalen Signatur in der Breite für alle Anwender*innen gewährleistet werden kann. Des Weiteren zeigt eine Betrachtung der rechtlichen Grundlagen und der spezifischen Rahmenbedingungen der Geschäftsprozesse, dass die einfache elektronische Signatur in vielen Fällen auch bei solchen Dokumenten rechtssicher ist, bei denen bisher standardmäßig per Hand unterzeichnet wurde (Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die rechtlichen Grundlagen keine eigenhändige Unterschrift vorschreiben). Dies führt zu einer bedeutenden Kostenreduktion und Zeiteinsparung, da Geschäftsdokumente nicht mehr ausgedruckt, handschriftlich unterzeichnet und (wieder digital) versendet, sondern Prozesse von Beginn an verschlankt und nutzerfreundlicher umgesetzt werden.

„E wie einfach“ gilt ebenso für die Steuerberatung, denn auch diese Prozesse werden nicht nur digitaler, sondern erheblich schneller und nutzerfreundlicher. Folgende Anwendungsmöglichkeiten gibt es:

Der erfolgreiche Wandel von der analogen zur digitalen Signatur ist von mehreren unternehmensinternen Faktoren abhängig. Dabei ist nicht die Technologie ausschlaggebend. Viel wichtiger sind transparente Vorgaben für die einzelnen Signaturarten (jeweils pro Geschäftsprozess), die verbindliche Schulung und Nutzung der neuen Anwendung für Fach- und Führungskräfte, aber auch Kommunikationshilfen für die Arbeit mit Mandant*innen sowie Vorlagen, um die digitale Signatur nachhaltig im eigenen Unternehmen etablieren zu können.

Herausforderungen der digitalen Signatur

Die Einführung der digitalen Signatur ist ein lebendiges Thema, das die bisherigen Praktiken rund um die Unterzeichnung von Dokumenten verändert. Die E-Signatur stellt alle vor neue Herausforderungen. Obwohl auf Basis der eIDAS-Verordnung bereits viele Geschäftsprozesse mit der digitalen Signatur abgebildet werden können, bleiben Einzelfälle, bei denen eine Umsetzung aufgrund strenger berufsspezifischer Vorschriften, eingeschränkt ist.

Ein Beispiel dafür sind die Anforderungen an die Aufbewahrungspflicht gem. § 257 HGB. Sie wurden für die digitale Welt noch nicht endgültig angepasst. Laut Bundessteuerberaterkammer ist es nun zwar möglich, von Beraterseite aus für den Jahresabschluss die Bescheinigung und eventuell den Erstellungsbericht mit einer fortgeschrittenen digitalen Signatur zu unterzeichnen. Nach der aktuellen Rechtslage gem. § 257 Abs. 3 HGB müssen Mandant*innen jedoch weiterhin ihren handels- und steuerrechtlichen Pflichten durch Ausdruck und Unterzeichnung des Jahresabschlusses nachkommen. Wünschenswert wäre, dass sich der Gesetzgeber perspektivisch mit solchen Anwendungsfällen auseinandersetzt, um in Zukunft weitere Prozesse ganzheitlich nutzerfreundlicher und schneller durch die digitale Signatur abbilden zu können.

Fazit

Die E-Signatur steht für einfach und elektronisch – vorausgesetzt, Anwender*innen befassen sich sowohl mit den rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Geschäftsprozesse als auch mit den internen Prozessumstellungen. Dann gelingt es, konkrete Anwendungsbereiche für die digitale Signatur abzuleiten und nachhaltig zu etablieren.


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