Private Equity Audit: Vom Deal zum Exit

Werte & Vision
5. September 2023

Unternehmen erwerben (Deal), diese wertsteigernd entwickeln und nach einer gewissen Zeit profitabel verkaufen oder an den Markt bringen, zum Beispiel durch einen Börsengang (Exit) – das ist, in aller Kürze, das Geschäftsmodell von Private-Equity-Häusern. Vor allem die komplexe Gesellschafterstruktur, die PE-Häuser bei ihren Transaktionen konstruieren, die hohe Fremdfinanzierung sowie hohe Anforderungen an die Qualität stellen Wirtschaftsprüfer*innen vor spezielle Herausforderungen. Im Interview erklärt Patrick Riedel, Senior Manager bei Mazars, was es hierbei zu beachten gilt.

Was unterscheidet Mandanten aus dem Private-Equity-Sektor von anderen Mandantengruppen?

Patrick Riedel: Hierzu muss man zuerst das spezielle Geschäftsmodell der PE-Häuser verstehen. Im Grunde geht es dem PE-Haus darum, Unternehmen zu identifizieren und zu erwerben, die in die aktuelle Geschäftsstrategie und das Portfolio passen. Der Erwerb erfolgt durch speziell für diesen Zweck gegründete oder ebenfalls erworbene Holding-Gesellschaften. Anschließend statten die PE-Fonds die Portfoliogesellschaften mit neuen finanziellen Mitteln aus – in der Regel über Gesellschafterdarlehen oder umfangreiche Konsortialkredite. Die Holding-Strukturen sind oft international geprägt. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen Gesellschaften und anderen besteht daher in der komplexen Gesellschafter- sowie Finanzierungsstruktur.

Welches Ziel verfolgen die Private-Equity-Häuser mit dieser Strategie?

Ziel ist stets, mit den Portfoliogesellschaften value added, also einen Wertzuwachs, zu generieren und diesen dann durch ein sogenanntes Exit Event zu realisieren. Bei diesem Exit Event kann es sich beispielsweise um eine Veräußerung oder einen Börsengang handeln. Der Exit ist also bereits beim Erwerb der Portfoliogesellschaft – dem Deal – das Ziel.

Man kann sich vorstellen, dass ein solches Business spezielle Charaktere anzieht – welche Erfahrung haben Sie diesbezüglich gemacht?

Oft hat man es mit sehr toughen Persönlichkeiten zu tun: Private-Equity-Manager*innen wissen, was sie wollen, und erwarten eine qualitativ hochwertige Dienstleistung von ihren Berater*innen und Prüfer*innen. Das Umfeld ist äußerst professionell und von Zuverlässigkeit, Pragmatismus und Schnelligkeit geprägt. Klare und offene Kommunikation nimmt einen hohen Stellenwert ein.

Welche Fehler sollten Wirtschaftsprüfer*innen in diesem Sektor besser vermeiden?

Zunächst sollten sie sehr sorgfältig bei der Prüfung von Verträgen sein. Speziell die häufig in ihrer Grundform standardisierten Verträge bei Unternehmenserwerben enthalten oft komplexe, jedoch in hohem Maße relevante Klauseln. Daneben ist insbesondere eine Ad-hoc-Berichterstattung über Prüfungsfeststellungen relevant, um Überraschungen für die Private-Equity-Manager*innen zu vermeiden. In jedem Fall sollten Wirtschaftsprüfer*innen selbstsicher auftreten und sich bei der Kommunikation auf die wesentlichen Sachverhalte konzentrieren. Die PE-Häuser erwarten zudem über die Prüfung hinausgehende Services, wie beispielsweise Hinweise zu regulatorischen Änderungen. Ein gutes Standing ist wichtig – hat man es, wird man weiterempfohlen, hat man es nicht, ist man schnell raus.

Sie haben die Gesellschafterstrukturen angesprochen – welche Herausforderungen ergeben sich hierdurch in prüferischer Hinsicht?

Die Konzernstruktur ist nicht selten sehr komplex, denn oft kaufen die PE-Häuser bei einem Deal nicht nur ein Unternehmen, sondern mehrere beziehungsweise mehrere Unternehmen aus einer bereits bestehenden Konzernstruktur wie beispielsweise ganze Sparten. Um eine bessere Transparenz über die erworbenen Investments herzustellen, werden diese Portfoliogesellschaften strukturiert und in separate Konzernabschlüsse einbezogen. In der Regel handelt es sich hierbei um IFRS-Konzernabschlüsse, also nach International Financial Reporting Standards erstellte Abschlüsse. Diese bieten einen deutlich höheren Informationsgehalt als HGB-Konzernabschlüsse. Neben den gesetzlichen Fristen gibt es bei der Prüfung von PE-Portfoliogesellschaften häufig zusätzliche, kürzere Fristen für das Vorlegen eines geprüften Konzernabschlusses, welche sich aus den Kreditverträgen ergeben. Was die Komplexität bei der Auftragsdurchführung zusätzlich erhöht, sind die vielen externen Berater*innen aus unterschiedlichen Bereichen, die das Umfeld der PE-Häuser häufig prägen.

Welche Implikationen für die Wirtschaftsprüfer*innen ergeben sich aus den angesprochenen Finanzierungsstrukturen?

Die Gesellschafter sowie die Kreditgeber, oft Bankenkonsortien, legen in erster Linie Wert auf Transparenz. Entsprechend sind monatliche und quartalsweise Reportings über die finanzielle Entwicklung der Portfoliogesellschaften zu erstellen. Darüber hinaus erwarten die PE-Häuser in vielen Fällen eine Berichterstattung über bestimmte finanzielle Leistungsindikatoren, welche der*die Wirtschaftsprüfer*in der Portfoliogesellschaft bestätigen muss.

Welche Methoden sollten Wirtschaftsprüfer*innen auf jeden Fall beherrschen, wenn sie es mit einem PE-Haus zu tun bekommen?

Gute Kenntnisse in der IFRS-Rechnungslegung sind essenziell, da viele der zu prüfenden Konzernabschlüsse nach IFRS aufgestellt werden. Die Wirtschaftsprüfer*innen müssen sich zudem darauf einstellen, mit zahlreichen anderen Expert*innen zusammenzuarbeiten. So werden beispielsweise oft Bewertungsspezialisten für die Prüfung komplexerer Bewertungsthemen wie der Bilanzierung von Geschäfts- oder Firmenwerten oder Tochterunternehmen hinzugezogen. Aufgrund der Unternehmenserwerbe müssen Wirtschaftsprüfer*innen umfangreiche Kaufverträge lesen und verstehen. Im Zuge der Deals muss auch eine sogenannte Kaufpreisallokation geprüft werden, was ebenfalls in vielen Fällen die Einbindung von Bewertungsspezialist*innen erforderlich macht. Aufgrund der Vielzahl an Spezialthemen sind auch fachliche Konsultationen keine Seltenheit.

Welche Fähigkeiten sind darüber hinaus hilfreich?

Man sollte über sehr gute Englisch-Kenntnisse verfügen, da viele Private-Equity-Häuser aus UK oder den USA kommen. Wirtschaftsprüfer*innen müssen ihre Prüfungsberichte und Präsentationen entsprechend auf Englisch liefern.

Für Prüfer*innen besteht ein erhöhtes Haftungsrisiko

Welche Haftungsrisiken sind bei dieser Mandantengruppe im Speziellen zu beachten?

Wegen der hohen Fremdfinanzierung der Unternehmen besteht für den*die Wirtschaftsprüfer*in ein erhöhtes Risiko. Aufgrund von Vorgaben aus den Kreditverträgen wirkt sich die Entwicklung bestimmter Kennzahlen, die auf Basis der geprüften Abschlüsse ermittelt werden, oft direkt auf die Höhe der durch die Portfoliogesellschaft zu zahlenden Zinsen aus. Das heißt: Ist ein wesentlicher Fehler im Abschluss enthalten, kann es dazu kommen, dass der Kreditnehmer zu viele oder zu wenige Zinsen zahlt. Noch schlimmer kann es werden, wenn der Abschluss fehlerhaft ist und eine Portfoliogesellschaft insolvent geht. Auch beim Exit können Haftungsrisiken auftreten: Der potenzielle Käufer trifft seine Kaufentscheidung schließlich auch auf Grundlage der geprüften Abschlüsse der Portfoliogesellschaften. Sollte es dazu kommen, dass bestimmte Posten fehlerhaft sind, können Regressforderungen die Folge sein – insbesondere dann, wenn es um die Frage der Werthaltigkeit von entsprechenden Posten geht.

Welche Tipps haben Sie, damit Wirtschaftsprüfer*innen nicht ins Haftungsrisiko laufen?

Es empfiehlt sich ein gut strukturiertes Vorgehen und eine frühzeitige Beschäftigung mit den wesentlichen Themen. Die Auswahl und frühzeitige Einbindung der richtigen Spezialist*innen ist unerlässlich. Ein enger Austausch mit den Portfoliogesellschaften sowie den PE-Häusern, etwa im Rahmen regelmäßiger Status-Calls, kann helfen, Überraschungen vorzubeugen.

Vielen Dank für das Gespräch.


Dieses Interview ist Teil einer Serie über verschiedene Mandantengruppen in der Wirtschaftsprüfung. Expert*innen von Mazars berichten in diesem Rahmen über die speziellen Anforderungen der Mandanten, prüferische Besonderheiten und ihre Erfahrungen mit den jeweiligen Persönlichkeiten. Bisher erschienen:

Audit von EU-PIEs: Die Königsdisziplin der Wirtschaftsprüfung

Inhabergeführte Unternehmen: Auf das große Ganze kommt es an

Audit von Versicherungen: Teamwork wird großgeschrieben

Audit von Banken: Im Netz der Regularien


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